BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kreisverband Hildesheim

Kurzschluss in der Kalkulation

Der neu gegründete Stromnetzverbund Hildesheimer Land wird weniger Konzessionsabgaben kassieren als geplant. Entgegen ersten Kalkulationen fallen die Einnahmen pro Jahr um gut 300000 Euro geringer aus.

08.07.11 –

Neuer Energieverbund kassiert weniger Geld als geplant / Bürgermeister: Stromgeschäft lohnt sich

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 08.07.11) Kreis Hildesheim. Der neu gegründete Stromnetzverbund Hildesheimer Land wird weniger Konzessionsabgaben kassieren als geplant. Entgegen ersten Kalkulationen fallen die Einnahmen pro Jahr um gut 300000 Euro geringer aus.

Ohne viel Brimborium hatten die Bürgermeister von Algermissen, Bockenem, Giesen, Harsum, Holle, Nordstemmen, Schellerten und Söhlde im Giesener Rathaus im Oktober 2010 die Gründung der Energieversorgung Hildesheimer Land besiegelt. Die Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) will gemeinsam mit einem Unternehmen aus der Energiebranche die Stromnetze in den acht Kommunen betreiben. Wer das sein wird, steht noch nicht fest. Zurzeit läuft eine europaweite Ausschreibung. Bisher betreiben private Energieversorger wie e.on Avacon die Netze, doch deren Verträge laufen aus.

Die Bürgermeister der beteiligten Gemeinden haben keine Zweifel: Der Einstieg ins Stromgeschäft zahlt sich aus. Sie erhoffen sich außer der üblichen Konzessionsabgabe weitere Einnahmen. So stünde den Kommunen als AöR-Gesellschafter auch ein Anteil an den Netzentgelten zu, die momentan noch zu 100 Prozent in die Kassen der Stromkonzerne fließen.

Die Konzessionsabgabe wird allerdings geringer ausfallen als anfangs kalkuliert. Diese Abgabe erhalten Städte und Gemeinden dafür, dass Energieversorger ihre Leitungen auf öffentlichem Grund und Boden verlegen und betreiben. Sie zahlen, je nach Einwohnerzahl, Geld für jede verkaufte Kilowattstunde. Die Gebühr beträgt bei Gemeinden mit bis zu 25000 Einwohnern 1,32 Cent pro Kilowattstunde. In diese Kategorie fallen auch die acht AöR-Kommunen.

Die hatten bis vor kurzem noch damit gerechnet, dass die Gesamteinwohnerzahl des neuen Energieverbunds, immerhin rund 70000, als Grundlage für die neue Konzessionsabgabe gilt. Dadurch würden die Kommunen den Sprung in die nächst höhere Stufe schaffen und statt 1,32 dann 1,59 Cent pro Kilowattstunde kassieren. Je nach Größe und verkaufter Strommenge bekäme jede Gemeinde pro Jahr zwischen 40000 und 60000 Euro zusätzlich aufs Konto, alle zusammen immerhin 300000 bis 400000 Euro.

Daraus wird nun nichts. Bundesnetzagentur und –wirtschaftsministerium haben kürzlich klar gemacht, dass diese Verfahrensweise rechtlich nicht zulässig sei. Die Kommunen dürften ihre Hoheitsrechte nicht an die AöR abtreten und somit auch nicht die Einwohnerzahlen zusammenfassen. Das war bei der Planung des Verbunds weder den Rathauschefs, noch der Bremer Anwaltskanzlei GKMP bewusst. GKMP berät die acht Gemeinden und wickelt die Ausschreibung ab.

Die bekommen somit künftig zwar nicht weniger Geld als bisher, aber auch nicht mehr über die Konzessionsabgabe rein. Dennoch soll die AöR ihnen gute Gewinne bescheren. "Die Sache ist ärgerlich, wirkt sich aber auf die wirtschaftlichen Perspektiven der Energieversorgung Hildesheimer Land kaum aus", sagt Giesens Bürgermeister Andreas Lücke (CDU), einer von zwei Vorstandsvorsitzenden des neuen kommunalen Energieverbunds. Schließlich erhielten die acht Gemeinden künftig nicht nur die Konzessionsabgabe, sondern auch einen erheblichen Anteil an den Netzentgelten.

Mit welchen Einnahmen die AöR überhaupt kalkuliert und wie viel sie für die Übernahme der Stromnetze an die derzeitigen Betreiber bezahlen muss, bleibt geheim, so lange die Ausschreibung läuft. Söhldes Bürgermeister Reiner Bender ist jedenfalls "felsenfest" davon überzeugt, dass jede Gemeinde bei der Übernahme der Stromnetze gewinnt. "Wenn das ein Verlustgeschäft wäre, würden die Konzerne es kaum betreiben."

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