Alarmstufe Rot für die Feuerwehr

Ein Brief an den Bürgermeister verkündet das Ende: Die Freiwillige Feuerwehr Groß Düngen gibt ihre Eigenständigkeit auf, schreibt Ortsbrandmeister Jens Schmidt. Und beendet damit einen seit Jahren andauernden Kampf ums Überleben.

18.07.12 –

Groß Dünger Ortswehr löst sich auf / "Keine andere Wehr im Stadtgebiet ist zurzeit gefährdet"

(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 18.07.12)  Groß Düngen. Ein Brief an den Bürgermeister verkündet das Ende: Die Freiwillige Feuerwehr Groß Düngen gibt ihre Eigenständigkeit auf, schreibt Ortsbrandmeister Jens Schmidt. Und beendet damit einen seit Jahren andauernden Kampf ums Überleben. Seit viereinhalb Jahren ist Schmidt im Amt, führt eine Wehr, deren Reihen dünn besetzt sind. Zu dünn. Jetzt können die Groß Dünger die gesetzlich vorgeschriebene Mindeststärke nicht mehr aufbringen. 20 Einsätzkräfte sind Bedingung. Um den Brandschutz im Ort nicht zu gefährden, hat Schmidt in einer Versammlung mit dem verbliebenen Rest der aktiven Truppe über die Stilllegung der Wehr abstimmen lassen - und danach den Brief an Bürgermeister Erich Schaper und Stadtbrandmeister Matthias Bellgardt geschrieben.

Das Schreiben kam für Bellgardt nicht überraschend. Die Situation sei schon seit geraumer Zeit schwierig gewesen. Viele Gespräche habe es in der Vergangenheit dazu gegeben. " Jens Schmidt hat alles versucht, neue Aktive zu gewinnen" , so Bellgardt. Bei öffentlichen Veranstaltungen habe sich die Wehr vorgestellt, sogar Flyer wurden gedruckt und verteilt. Doch gebracht hat es nichts. Dabei treffe den Ortsbrandmeister keinerlei Schuld, stellt Bellgardt klar. Schaper nickt. Schmidt sei jetzt nur derjenige, der die richtigen Schlüsse gezogen und entsprechend gehandelt habe.

Warum finden sich keine Freiwilligen, diedie Ortswehr verstärken wollen? Oder ist das ein rein Groß Düngen-spezifisches Problem?
Schaper schüttelt den Kopf. Nachwuchsprobleme gebe es durchaus in einigen Wehren. Nicht umsonst würden fast alle Wehren auf Jugend- und Kinderfeuerwehren setzen, um die Mädchen und Jungen möglichst früh binden zu können. Aber in der Tat sei die Situation in keiner anderen Wehr im Stadtgebiet so brenzlig wie in Groß Düngen. " Keine ist zum jetzigen Zeitpunkt in ihrer Existenz gefährdet" , so der Bürgermeister.

" Feuerwehr bedeutet Verpflichtung" , gibt Bellgardt zu bedenken und erinnert an zeitintensive Ausbildungen und Dienste, an aufwändige Einsätze während der Arbeitszeit und vieles mehr. Da würden sich heutzutage nicht mehr viele Bürger drauf einlassen wollen. " Erschwerend kommt der demographische Wandel hinzu" , ergänzt Schaper. Und das Problem, dass das Ehrenamt generell zu wenig gewürdigt werde. Anreize müssten her. " Zum Beispiel könnte das Engagement bei der Feuerwehr Pluspunkte bringen, wenn es um die Vergabe von Studienplätzen geht" , nennt Schaper ein Beispiel. Auch gesellschaftlich verdienen die Frauen und Männer, die regelmäßig ihren Dienst versehen, mehr Respekt und Anerkennung. Das Engagement der Retter ist für viele Bürger selbstverständlich. " Aber wenn sie nicht mehr da sind, gibt es einen riesigen Aufschrei" , mutmaßt der Verwaltungschef.

Wie geht es in Groß Düngen weiter?
" Der Brandschutz war nicht gefährdet und ist es natürlich auch in der Zukunft nicht" , versichert Bellgardt. Da die Personalprobleme schon seit einiger Zeit andauern, habe Schmidt die Freiwillige Feuerwehr in Klein Düngen bereits um Unterstützung bei der Grundversorgung gebeten. Sollte im Ort ein Feuer ausbrechen, würde ohnehin ein ganzer Zug ausrücken. Die anderen Wehren würden außerdem die Groß Dünger Bereitschaftszeiten übernehmen. " Wir haben hier eine Stadtfeuerwehr mit zwölf Ortswehren. Da greift ein Rädchen ins andere" , ergänzt Schaper.

Was wird aus den aktiven Mitgliedern?
" Wir wollen kein einziges aktives Mitglied verlieren" , sagt Bellgardt. Aber es solle auch niemand bevormundet werden. " Deshalb wird es keine Fusion der Groß Dünger Ortswehr mit einer anderen geben" , erläutert Schaper. Stattdessen soll jedes Mitglied entscheiden können, wohin es geht. Das Tragkraftspritzenfahrzeug und die übrige Ausstattung bleiben im Besitz der Stadt und sollen der Feuerwehr Bad Salzdetfurth weiter zur Verfügung stehen.

An dem Aus der Wehr ist nicht mehr zu rütteln. Nach der Sommerpause werden die zuständigen Fachausschüsse aber noch einige Formalien klären müssen. Die Feuerwehrsatzung muss geändert und einige Fragen müssen noch rechtlich geklärt werden. Ortsbrandmeister Jens Schmidt, der Kraft Amtes Ehrenbeamter der Stadt ist, wird eine richtige Kündigung bekommen müssen, die ihn vom Amt entbindet. Auch dafür ist aber zunächst ein Ratsbeschluss notwendig.

Was sagt Groß Düngens Ortsbürgermeister?
" Das ist schlimm" , erklärt Marc Busche und bedauert die Auflösung zutiefst. Doch er zieht auch seinen Hut vor Schmidt, der sich traut, diesen Weg zu gehen. " Er hatte keine andere Wahl. Es fehlt einfach an aktiven Mitgliedern ab 40 Jahren" , sagt Busche.

Bleibt Groß Düngen ein Einzelfall oder kündigt sich dort ein Trend an?
Wissen kann das niemand genau, aber Kreisbrandmeister Josef Franke hofft, dass die Auflösung ein Einzelfall bleibt. " Wir brauchen jede einzelne Feuerwehr" , sagt er. Doch er weiß auch: " Die Mitgliederzahlen sinken kreisweit."  In der Vergangenheit gab es aufgrund von Personalproblemen in einigen Wehren bereits die Bildung von Löschgruppen, auch Fusionen haben stattgefunden. Die Auflösung der Groß Dünger Ortswehr sei ein wirklich herber Schlag.

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Stadt Bad Salzdetfurth

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