"Wir sind hier doch schon genug gebeutelt"

(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 11.08.10) Klein Förste. "Mensch, was soll denn noch alles nach Klein Förste?" Werner Kerl macht aus seinem Unmut kein Geheimnis. "Megamasten? Nun reicht es aber mal!". Der 59-Jährige gehört mit zu den 362 Gegnern, die sich im Ort gegen eine mögliche Stromtrasse ausgesprochen haben.

Der Frührentner lobt den Einsatz des Ortsrates, der in den vergangenen Tagen an jeder Haustür geklingelt hat, um über die möglichen Veränderungen nur 200 Meter vor der Dorfgrenze zu informieren. "Selbst weiß man ja nicht, wo sich was dagegen machen lässt", betont Kerl. Als dann Ortsbürgermeister Friedrich Steinmann mit der Unterschriftenliste vor seiner Tür stand, hat der Klein Försterer nicht lange gezögert. "Gegen die Megamasten- Pläne müssen wir Prott machen." Flugs hat er sich mit seiner Unterschrift in die Liste der Protestler eingereiht.

Viel Zeit bleibt nicht mehr, denn am kommenden Freitag werden die Unterschriftenlisten zusammen mit einer Resolution dem Harsumer Gemeindebürgermeister Gundolf Kemnah überreicht. Denn bereits Ende August sollen sich die Kommunen zu den geplanten Megamasten positioniert haben. Dafür brauchen sie die Stellungsnahmen aus den Ortsund Gemeinderäten. In Klein Förste ist die Meinung eindeutig.

"Die überwältigende Mehrheit hat sich gegen den Bau einer 380-Kilovolt-Stromleitung entschieden", verdeutlicht Ortsbürgermeister Steinmann erfreut die Ergebnisse aus 370 befragten Haushalten. Die Chancen, dass die 60 Meter hohen Strommasten dennoch bei Klein Förste aufgestellt werden, schätzt er selbst fi ftyfi fty ein. "Wir wollen uns wenigstens wehren und für unsere Lebensqualität aktiv kämpfen", sagt der Landwirt. Er weiß, dass der Netzbetreiber Transpower die Höchstspannungsleitung 200 Meter nordwestlich am Neubaugebiet entlang von Klein Förste als die zweitinteressanteste Variante einstuft. Das stimmt den Ortsbürgermeister nicht eben zuversichtlicher.

Kein Zweifel: Strom brauchen alle und irgendwo muss er ja auch von Norden nach Süden fl ießen. "Aber die Last muss auf mehreren Schultern gerecht verteilt werden", betont der 39-jährige Familienvater. "Unser Freiraum ist schon jetzt sehr stark belastet."

Das kann er genau belegen. Zusammen mit seinen vier Ortsratsmitgliedern hat er in der Resolution die Punkte aufgelistet, die den Ort schon jetzt aus allen Himmelsrichtungen stark belasten. Da ist die stark befahrene Autobahn A 7, die 1993 höher gelegt und sechsspurig ausgebaut wurde. Staub- und Lärmimmission müssen die Menschen aus Klein Förste durch den Kiesabbau und den Schießstand südöstlich von Ahrbergen hinnehmen. Westlich steht bereits eine 110-Kilovolt- Stromleitung, südlich der Windpark Hasede. Über den Köpfen der Menschen aus Klein Förste kreisen oft Flugzeuge, die ihren Landeanfl ug nicht selten direkt über dem 920-Seelen-Ort Richtung Flugplatz abkürzen.

Und schließlich steht noch der geplante Ausbau des Zweigkanals mit seinen Eingriffen in die Natur bevor. "Wir sind wirklich schon genug gebeutelt", resümiert der 70-jährige Landwirt Friedrich Steinmann senior.

Die Megamasten-Variante durch die Feldmark bei Klein Förste würde nach derzeitigen Berechnungen etwa 25 Kilometer länger sein als eine ebenfalls mögliche Trassenführung östlich des Landkreises Hildesheims. "Und natürlich auch entsprechend günstiger", erinnert der Ortsbürgermeister an wirtschaftliche Argumente. Ortsheimatpfl eger Heinrich Feise lenkt den Fokus auch die Natur, denn die Klein Förster Feldmark sei Rastplatz für bis zu 2000 Kiebitze.

Noch ist nichts entschieden: Das Einspruchsverfahren für das Gutachten endet am 27. August. Dann gehen die Planungen in die heiße Phase.

Welche Trassenvariante dann tatsächlich realisiert werden soll, auf diese Frage wird es erst im November eine Antwort geben.

Kategorie

Energie | Umwelt, Naturschutz, Klimaschutz

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