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CDU Algermissen gegen neue Windkraft-Flächen in der Gemeinde / Investoren enttäuscht / SPD: falsch und schädlich
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 22.05.12) Algermissen. Keine neuen Windräder in Algermissen – diesen Entschluss hat jetzt die CDU für die Gemeinde Algermissen gefasst. Das teilte Fraktionschefin Marianne Seifert in einer Pressemitteilung mit. Damit steht das Windrad- Projekt bei Groß Lobke vor dem Aus.
Als Begründung nennt die CDU-Ratsfraktion, dass die Wohnqualität in der Gemeinde erhalten bleiben soll. "Algermissen ist ein hochwertiger Wohnstandort. Bereits jetzt fühlen sich viele Bürger durch die Windräder an den Gemeindegrenzen wegen Schlagschatten und Motorengeräuschen gestört", erläutert Seifert. Zusätzliche Standorte hält die Fraktion deshalb für problematisch. Zu den Sorgen vieler Anwohner zählen neben Schattenwurf und störender Begleitgeräusche auch die Verschandelung der Landschaft sowie die rotierenden Blinklichter an den Windrädern.
Entstehen nun noch weitere Anlagen in der Gemarkung Algermissen, dann müssten die Windräder immer dichter an die Wohnhäuser heranrücken, die "Grenzabstände würden kaum eingehalten werden können", so heißt es in der Pressemitteilung der CDU. Damit nimmt die Ratsfraktion auch Bezug auf ein neues Energiekonzept des Landes Niedersachsen, das einen "weitgehenden Wegfall von Höhenbegrenzungen" und von einer "Flexibilisierung der Abstandreglungen von Wohngebäuden" ausgeht (diese Zeitung berichtete). Jedoch: Über Höhe und Abstände entscheiden die Kommunen selbst. Das hatte Jürgen Flory, Fachdienstleiter beim Landkreis Hildesheim, stets betont. Neue beziehungsweise vergrößerte Standorte werden demnach immer nur in enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden bewilligt.
Die CDU in Algermissen hat nun ihren Standpunkt klargemacht. "Unsere Bürger, aber auch interessierte Investoren haben das Recht auf eine rasche Entscheidung des Rates", begründet die CDU ihren Antrag. Vorangegangen seien Diskussionen auf Klausurtagungen und intensive Sitzungen. Wichtigster Punkt sei, die Entwicklung der Gemeinde im Blick zu behalten. Dazu gehöre die Ausweisung von neuem Bauland. Das werde aber mit noch mehr Windrädern in und um Algermissen nahezu unmöglich, befürchtet die CDU.
"Ja, von dieser Entscheidung sind auch die Windrad-Pläne in Groß Lobke betroffen", bestätigte gestern Gemeindebürgermeister Wolfgang Moegerle. Wie berichtet, planen dort vier Landwirte zusammen mit zwei Kollegen aus Harber (Gemeinde Hohenhameln) den Bau von sechs bis acht großen Windrädern zwischen den Dörfern – als Erweiterung des bereits bestehenden Windparks auf Klein Lobker Boden (Stadt Sehnde). Neben diesen Plänen liegen im Rathaus Algermissen noch zwei weitere Anfragen für neue Windräder vor: zwischen dem Borsumer Pass und Algermissen sowie zwischen Clauen und Algermissen. Da die CDU im Gemeinderat die Mehrheit hat, wird aus all diesen Windenergie- Plänen nun vermutlich nichts werden. "Meine Haltung ist fifty-fifty", sagte gestern Silke Wirries, Ortsbürgermeisterin in Groß Lobke, unumwunden. Einerseits habe sie Verständnis für Energiewende und Investoren-Sicht, andererseits sehe sie mögliche Belastungen für die Bürger. "Keiner möchte direkt unter einem Windrad wohnen", betont die CDU-Frau. Immerhin seien bis zu acht neue, mit 135 Meter Nabenhöhe sehr große "Mühlen" bei Groß Lobke geplant.
"Ich bin von der Entscheidung echt überrascht und fühle mich übergangen", echauffiert sich Hans-Heinrich Oelkers, Landwirt in Groß Lobke und einer der Investoren. Da wolle man in der hintersten Ecke der Gemeinde ein 30-Millionen- Projekt, an dem viele Familien beteiligt wären, auf die Beine stellen, aber der extrem gute Windstandort werde einfach blockiert. "Die Mehrheit ist hier für Windräder, weil zwischen Groß Lobke und Harber sowieso niemand bauen möchte", betont Oelkers. der selbst für die CDU im Groß Lobker Ortsrat sitzt.
Er wirft der CDU-Ratsfraktion eine "höchst restriktive Politik" vor, die nichts mit dem eingeschlagenen Energiewende- Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident David McAllister zu tun habe.
"Noch ist gar nichts endgültig entschieden", zeigt sich Landwirt Horst-Steffen Diers aus Harber dagegen weiter optimistisch. Der Investor hat bislang seine Hoffnung für neue Windräder auf die Gemeinde Algermissen gesetzt, da Hohenhameln sich bereits vor Monaten gegen neue Flächen für Windenergie ausgesprochen hatte. "Ich sehe da vor allem den Landkreis Hildesheim und das neue Raumordnungsprogramm als wichtige Instanz." Ihn ärgert, dass man auf der einen Seite immer so die ILEK-Börderegion und die Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen hinweg betone, andererseits sich bei neuen Windradstandorten plötzlich so kurzsichtig verhalte.
"Für mich wirkt das sehr unglaubwürdig", beklagt Diers. Für regenerative Energie seien die meisten Menschen – nur nicht, wenn sie vor der eigenen Haustür eventuell davon betroffen seien. "Dabei könnten unsere Windräder viele als gute Geldanlage nutzen, und den Gemeinden Algermissen und Hohenhameln brächten sie zudem noch Gewerbesteuer ein."
Grundsätzlich auf Windenergie in der Gemeinde Algermissen zu verzichten, das hält SPD-Fraktionschef Werner Preissner für "völlig schädlich und oberflächlich". Nur mit Solar und Biogas könne man keine Energiewende ernsthaft hinbekommen. Seine Partei hat erneut einen Antrag auf eine offene, interfraktionelle Arbeitsgruppe eingebracht, über den am 14. Juni im Gemeinderat entschieden werden soll. Preissner: "Wir müssen überparteilich etwas auf den Weg bringen, was verträglich für alle ist und die klimapolitischen Ziele der Bundes- und Landregierung mit umsetzt."
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