Menü
Erste Bilanz nach einer Woche Beratungen über Zukunftsvertrag mit dem Sparziel 39 Millionen Euro fällt durchwachsen aus
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 18.06.11) Hildesheim. (VON MANFRED HÜTTEMANN) Mit einem durchwachsenen Auftakt sind Rat und Verwaltung in den Beratungsmarathon zum 39-Millionen- Euro-Sparpaket gestartet. Zwar ist ein Wille erkennbar, die maroden Finanzen der Stadt seit 1995 endlich in den Griff bekommen zu wollen. Geht es aber ins Detail, scheiden sich die Geister.
Der Spardruck: Auf astronomische 800 Millionen Euro würden die Schulden der Stadt ohne Zukunftsvertrag bis 2025 wachsen, obwohl der Rat 2010 bereits ein Haushaltssicherungskonzept mit beachtlichen Sparanstrengungen beschlossen hat. Damit bliebe kein Spielraum für Investitionen und freiwillige Ausgaben. Mit dieser niederschmetternden Prognose haben Oberbürgermeister Kurt Machens und Kämmerin Antje Kuhne Druck auf eine drastische Haushaltskonsolidierung und den Zukunftsvertrag gemacht.
Die Lösung: Mit der Aussicht auf den Zukunftsvertrag eröffnete sich der Stadt Ende 2010 die einmalige Chance, sich auf einen Schlag von 140 der rund 300 Millionen Euro Schulden zu befreien. Der Fond wird vom Land und den niedersächsischen Kommunen gespeist. Die wollen Hildesheim aber nur helfen, wenn die Stadt im Gegenzug mit harten Einschnitten ihre Finanzen soweit in Ordnung bringt, dass sie in den kommenden zehn Jahren ihre jährlichen Ausgaben mit den Einnahmen ausgleichen kann.
Zudem darf sie sich keine Wohltaten auf Kosten anderer leisten und muss ihre freiwilligen Ausgaben auf drei Prozent im Haushalt drosseln. Für 2011 hat die Kämmerin ein Defizit von 39 Millionen Euro errechnet. Das ist das Sparziel, das Rat und Verwaltung erreichen müssen.
39 000 000 Euro: Das Sparziel ist aber nicht allein durch Kürzungen zu erreichen. Im Lösungspaket enthalten sind höhere Steuereinnahmen durch den konjunkturellen Aufschwung (6,5 Millionen Euro), geringere Zinszahlungen von 5,5 Millionen Euro (die das Land durch die Entschuldung von 140 Millionen Euro übernehmen würde), finanzielle Verbesserungen von rund 16 Millionen Euro für die Stadt durch den neuen Kreisvertrag und erhebliche Einsparungen beim städtischen Personal. Die Differenz zu den magischen 39 Millionen Euro von elf Millionen Euro sollen interne Posten und die jetzt zur Debatte stehenden Kürzungen bei Sport, Kultur und Soziales sowie Gebührenerhöhungen bringen.
Strittige Debatte: Im Ausschuss für Schule, Sport und Kultur stellten die Ratsmitglieder die Höhe einiger Sparansätze in Frage. Zwar wurde immer wieder der Wille zum Abschluss des Zukunftsvertrages beschworen. Im Detail mochte man sich aber nicht mit allen Sparansätzen, etwa beim Sport, anfreunden.
Jetzt wollen die Ratsfraktionen nach Alternativen suchen, die den Sport nicht vom Sparen verschonen, aber die Höhe mildern. Vorschläge, wo die dann fehlenden Summen an anderer Stelle erzielt werden sollen, blieben bisher ungenannt. Allerdings bleibt dem Rat noch Zeit für einzelne Korrekturen innerhalb des Haushalts. Im Antrag müssen aber 39 Millionen Euro festgeschrieben sein.
Öffentlichkeit ausgesperrt: Scharfe Kritik gab es im Ratsausschuss am mangelnden Mitspracherecht der Kulturschaffenden im Beratungsprozess und an der fehlenden Information der Öffentlichkeit. Der Ausschuss setzte dann im Prinzip sogar noch einen oben drauf, indem er einzelne Beschlüsse aus Sport und Kultur kurz ansprach und dann mit offenem Ergebnis als "behandelt" in die Fraktionen verwies.
Die Konsequenz: Diese Punkte werden mit möglichen Veränderungen nicht mehr öffentlich im Ausschuss beraten. Interessierte und Betroffene haben damit erst in der Ratssitzung am 4. Juli die Chance zu erfahren, wie Vorschläge konkret lauten und warum diese so ausfallen sollen.
In der kommenden Woche tagen die Gremien wiederum am Montag, Dienstag und Mittwoch, um dort die nächsten Punkte abzuarbeiten. Es ist zu erwarten, dass auch in diesen Fällen die Fraktionen anschließend hinter verschlossenen Türen ihren Sparkurs im Detail festlegen.
Der Zeitdruck: Nur ein Termin steht unumstößlich fest, will sich die Stadt über den Zukunftsvertrag entschulden: der 31. Oktober 2011. Bis zu dieser Frist muss der Antrag beim Innenministerium vorliegen. Damit steht der aktuelle Rat in der Pflicht.
Ein Ausweg wäre jedoch möglich. Den will die Stadt Göttingen einschlagen. Dort soll der jetzige Rat den Antrag stellen. Die konkreten Entscheidungen soll aber erst der neue Rat treffen. Das lehnt der Hildesheimer Rat ab. Die Ratsparteien wollen vor der Kommunalwahl am 11. September Farbe zu ihren Plänen bekennen und den Bürgern reinen Wein einschenken.
Das Risiko: Die Entscheidung soll bisher am 4. Juli fallen. Es stünde dem Rat aber wegen des hohen Zeitdrucks und der bisherigen mangelnden Bürgerbeteiligung der Weg offen, dies erst im August oder September zu tun. Das Risiko aus Sicht von Rat und Verwaltung: Damit würde der Prozess in den Kommunalwahlkampf fallen und der Druck der Kritiker wachsen.
Da die 140-Millionen-Euro-Hilfe des Landes und der Kommunen aber ohne drastische Kürzungen nicht zu haben ist, könnte wegen des öffentlichen Drucks die Gefahr des Scheiterns wachsen. Wäre das der Fall, muss die Stadt Entscheidungsspielraum abgeben und das, wozu sie freiwillig nicht bereit war, demnächst auf Druck der Aufsichtsbehörde beschließen.
Kategorie
Das Bundesverfassungsgericht ist ein Garant der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und damit ein unverzichtbares Verfassungsorgan für [...]
Rund 13 Millionen Menschen nutzen hierzulande das Deutschlandticket. Ein Erfolgsmodell! Ob das Ticket über das Jahr 2025 hinaus bestehen kann, [...]
Gestern hat die 29. Conference of the Parties (COP) in Baku, Aserbaidschan begonnen. Für Deutschland wird Annalena Baerbock als Verhandlerin [...]