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Mangelhafte Schulbusse / Landkreis beschwichtigt: häufige Kontrollen / ADAC: Nicht am falschen Ende sparen
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 29.10.11) Kreis Hildesheim. Für viele Eltern sind manche Schulbusse nur gefährliche Rostlauben. Sie sehen sich jetzt durch einen bundesweiten Prüfbericht des TÜV bestätigt – mit dem Fazit: Fast jeder zweite Bus hat Mängel. Und jeder siebte bekommt wegen Defekten keine Plakette. Die Ergebnisse des Reports lassen sich laut TÜV im Großen und Ganzen auch auf die Region Hildesheim übertragen. ADAC-Sprecher Jörg Fiene bezeichnet die Studie als "alarmierend".
Eltern, deren Kinder mit Schulbussen unterwegs sind, müssten sich dennoch keine Sorgen machen, so Schulfachdienstleiter Karl-Heinz Brinkmann.
"Generell verunglücken sehr viel mehr Menschen im Individualverkehr als bei einer Fahrt mit dem Bus", beschwichtigt er. Zudem würden die Schulbusse vom Straßenverkehrsamt überwacht. Dort seien jährlich die Prüfbücher der Busse vorzulegen. Daraus sei ersichtlich, wann die jüngsten Haupt- und Abgasuntersuchungen waren. Und anders als Autos müssen Busse laut Landkreis jährlich zum TÜV und dazu alle drei Monate zur Sicherheitsprüfung von Bremsen, Fahrwerk und weiterer Technik.
Der TÜV hingegen sieht in Bussen zwar eines der sichersten Fortbewegungsmittel. "Aber wenn ein Bus in einen Unfall verwickelt ist, hat dieser oft schwere Folgen", so Rainer Camen vom TÜV Nord. Zumal, wenn es sich um einen Transport mit 50 Menschen und mehr handelt. Deshalb müssten Unternehmen peinlich genau auf den Zustand ihrer Fahrzeuge achten.
"Wichtig ist außerdem, dass Auftraggeber bei Fuhrunternehmen nicht nur auf Billigheimer zählen", rät Camen. "Die Kosten können nicht das einzige Kriterium sein, wenn man mit einer Firma zusammenarbeitet."
Auch der ADAC warnt davor, "am falschen Ende zu sparen". Der Automobilclub nimmt die aktuelle TÜV-Studie sehr ernst. "Es wurden etwa 50 000 Fahrzeuge unter die Lupe genommen. Das ist eine seriöse Untersuchung", so ADAC-Sprecher Jörg Fiene mit Blick auf die Ergebnisse. Er rät Eltern, sich Busse genau anzusehen. Und Behörden Hinweise zu geben, wenn sie etwas Verdächtiges feststellen. Etwa dann, wenn ihnen Rost auffällt oder der Bus eine Ölspur hinter sich lässt. Außerdem könnten Väter und Mütter Fahrer ansprechen, um sich ein besseres Bild von der Qualität des Fahrzeugs machen zu können. "Die Beförderungsqualität muss an erster Stelle stehen, sonst ist das Sicherheitsrisiko zu groß."
Darauf muss auch der Landkreis achten, der Busunternehmen mit Informationen von Gerichten, Verbänden, Polizei, und auch Ämtern durchleuchtet, bevor Aufträge vergeben werden. Doch auch darauf können sich die Behörden nicht immer verlassen. Das zeigt der Fall eines Unternehmers, der im August aus dem Verkehr gezogen worden war. An ihm hatten die Prüfstellen zunächst nichts auszusetzen. Dieser Fall sei eine Ausnahme gewesen. Die Erfahrungen des Kreises mit privaten Geschäftspartnern sind Fachdienstleiter Brinkmann zufolge "überwiegend positiv." Auch die Polizei berichtet, dass Schulbus-Chauffeure "eher selten" aus dem Verkehr gezogen würden, so Polizeisprecher Claus Kubik.
All das beruhigt zahlreiche Eltern jedoch ganz und gar nicht. "Für Laien sind einige der Busse in einem bedenklichen Zustand", berichtet der Bockenemer Lehrer Ulrich Gräbig, der die Probleme seit Jahren kennt. "Man kann von Glück reden, dass es noch keinen großen Unfallschaden gab. Denn dann wäre das Lamento groß." Schüler hätten nach eigenem Bekunden öfter Defekte bemerkt, die offenbar auf undichte Leitungen schließen ließen. Auch seien die Fahrzeuge manches Mal "rostig und klapprig."
Busunternehmer wie Henning Tebbe kennen die Klagen der Eltern. "Wir tun alles, um einen sicheren Transport zu gewährleisten", sagt er. Allerdings müssen die Firmen häufig knapp kalkulieren, weil ihnen das Geld für einen neuen Fuhrpark fehlt.
Genau darum könnte die Politik Abhilfe schaffen. "Der Kreistag ist gefordert", sagt Lehrer Gräbig. In der Tat könnte das Gremium für höhere Investitionen in die Schülerbeförderung stimmen. Aber solche Überlegungen sind für Kreissprecher Hans-Albert Lönneker "Illusion". Denn eine Verbesserung des Busverkehrs – nach dem Motto: mehr, komfortablere und modernere Fahrzeuge – sei finanziell kaum zu stemmen. Zumal der Kreis dafür Kredite bräuchte, neue Schulden machen müsste. Wofür der Steuerzahler später aufkäme. "Das ist nicht zu verantworten, weil überall gespart werden muss."
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