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"So etwas schadet"
(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 02.02.09) Hildesheim. Türkische Einwanderer und ihre Kinder sind die am schlechtesten integrierte Bevölkerungsgruppe in Deutschland – das behaupten die Autoren einer Studie, die vergangene Woche in Berlin veröffentlicht wurde. Türkischstämmige Hildesheimer wehren sich gegen die aus ihrer Sicht zu einseitigen Befunde.
Sonnabendnachmittag – und im Veranstaltungszentrum Acar am Bischofskamp drängen sich Gäste am riesigen Büfett mit türkischen Leckereien. Heute Abend singt Ugur Isilak auf Einladung des Hildesheimer Vereins und Bildungszentrums "Zukunft", das Integrationskurse und Hausaufgabenhilfe anbietet. "Wir wollen eine Brücke zwischen Migranten und Deutschen bauen", sagt Pädagoge Örsan Dermencioglu für die Veranstalter. Nur: Heute wird daraus nichts werden – der Konzertabend wird auf türkisch abgehalten, türkischstämmige Besucher bleiben unter sich. Wieder ein Beispiel für mangelhafte Integration?
Von wegen, sagt Örsan Dermencioglu. Er hat sich mit der Drispenstedter Integrationslotsin Ilknur Calisankol und Selma Öztürk, die Vorstandsmitglied in der Union Europäischer Türkischer Demokraten (UETD) ist, Zeit genommen für ein Gespräch über die Integrationsstudie. Wie berichtet, hatte das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung festgestellt, dass 30 Prozent der in Deutschland lebenden Türken und Türkischstämmigen keinen Schulabschluss haben. Nur 14 Prozent erreichten die Hochschulreife. Im Erwerbsleben weise die Gruppe die geringsten Chancen auf.
Integrationslotsin Calisankol räumt ein: Die erste Generation der Türken in Deutschland sei tatsächlich kaum integriert. Die Menschen wollten ursprünglich zurück in die Heimat, lernten die Sprache ihres Gastlandes nicht. Als Integrationslotsin habe sie häufiger mit Russlanddeutschen zu tun, merke die Erfolge intensiver Sprachkurse: "Dann frage ich mich: Warum hat man das bloß bei unserer Elterngeneration versäumt?"
In den Folgegenerationen sehe das jedoch anders aus. Anders als oft kritisiert, sei die Bereitschaft zur Integration durchaus vorhanden. UETD-Vorstand Selma Öztürk führt sich selbst als Beispiel an. Die junge Frau mit dem Kopftuch hat Jura studiert und besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. "Wir sind hier geboren, sprechen besser Deutsch als Türkisch", sagt sie. Und doch stoße auch sie immer wieder auf Integrationshindernisse – wegen des Kopftuchs.
Auch Ilknur Calisankol berichtet von frustrierenden Erlebnissen. Ihre 21-jährige Tochter finde keinen Job, überlege, in die Türkei auszuwandern. Sie sagt: "Die Staatsbürgerschaft nützt mir nichts, so lange ich einen türkischen Namen und dunkle Haare habe."
Einseitig die Probleme auf deutscher Seite suchen wollen jedoch weder Calisankol, Öztürk noch Dermencioglu. "Die türkischen Eltern müssen die Bildung ihrer Kinder fördern, Bildung ist alles", sagt Selma Öztürk. Dermencioglu verweist auf seinen Verein. Hausaufgabenhilfe soll den Kindern den Weg durchs Schulsystem ebnen. "Bei türkischstämmigen Eltern wächst die Bereitschaft, sich helfen zu lassen", sagt er.
Die Integrationsstudie, da sind sich die Gesprächspartner einig, schade eher der Eingliederung als sie zu fördern. Wieder einmal Negativschlagzeilen, wieder einmal Schuldzuweisungen. "Warum bringen die Medien nicht mal positive Beispiele?", fragt Öztürk.
Grünen-Politiker Cem Özdemir sei so ein Beispiel. Motivieren könne auch ein Abend wie der am Bischofskamp. Neben Ugur Isilak stehen Schüler des Vereins Zukunft auf der Bühne. In einem Sketch zeigen sie, was ihnen den Weg zu Integration ebnen soll: Bildung. Aber warum nur auf türkisch? Dermencioglu verweist auf die ausschließlich türkischstämmigen Adressaten. "Diesmal ist das so", sagt er: "Aber wir können nächstes Mal auch mit den Deutschen feiern."
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