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Kritische Nachfragen zur Wirtschaftlichkeit beim Kanalausbau / Kali-Berg-Wachstum bereitet Sorgen
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 08.04.11) Giesen. Erster Öffentlichkeitstest für zwei Großbauvorhaben im Hildesheimer Raum: Im Rahmen einer Infoveranstaltung der Giesener SPD kamen mehr als 100 Einwohner der umliegenden Gemeinden, um sich über den geplanten Kanalausbau und Bergbau in Siegfried Giesen informieren zu lassen – und ihre Meinung zu äußern.
Dass die Betreiber beider Großprojekte mit Widerstand rechnen, zeigte sich auch daran, dass beide Projektleiter an dem Abend anwesend waren, um sich den Fragen der Bürger zu stellen. Den Auftakt machte Dieter Eichler, Leiter des Neubauamtes für den Ausbau des Mittellandkanals.
Der soll für größere Schiffsvolumen erweitert werden, vom derzeit noch üblichen Europaschiff mit rund 82 Metern Länge auf Längen deutlich über 100 Meter, wie bei Großmotorgüterschiffen und deren noch größeren Nachfolgern. Wird der Mittellandkanal ausgebaut, bedeute das konsequenterweise für die Stichkanäle und Schleusenbetriebe eine Anpassung, sagte Eichler. Bei der Bolzumer Schleuse geschehe das bereits, sie soll 2012 in Betrieb gehen.
Um die ökologischen Vorteile der Binnenschifffahrt deutlich zu machen, verglich Eichler sie mit dem Transportverkehr auf Schiene und Straße. Im Vergleich zu einem Europaschiff, müssten allein 105 Zwanzigtonner über die Straße rollen. Allein die Bahn könnte noch im Energieverbrauch und CO2-Ausstoß mithalten. "Wir sind einfach konkurrenzlos", sagte er.
Doch ob der Güterverkehr über die Kanäle tatsächlich in Zukunft wirtschaftlich den geplanten Ausbau rechtfertigt, dazu konnte Eichler nur allgemein Stellung nehmen: "Das Transportaufkommen wird steigen." Wenn das zugunsten der Schifffahrt erfolge, sei der Ausbau des Hildesheimer Hafens sowie des Stichkanals auch eine Frage des Überlebens, fügte er hinzu.
Das Stichwort Überleben mobilisierte vor allem die Naturschützer im Publikum, die große Schäden für Flora und Fauna befürchten, wenn der Kanalquerschnitt verbreitert werde. Eichler entgegnete, dass es bereits im Vorfeld entsprechende Ausgleichsmaßnahmen gegeben habe: "Das weiß nur keiner mehr." Auch am Beispiel bisheriger Projekte könne man nicht von nachhaltigen Schäden ausgehen, sagte er. Im Gegenteil: "Häufig konnten die Baustellen später zu touristischen Zielen umgewandelt werden."
Während sich beim Thema Kanalausbau im Giesener Rathaussaal noch die Skepsis hielt, erntete Johannes Zapp, Projektleiter für die K+S-Machbarkeitsstudie für eine Wiederaufnahme des Kalibergbaus, am Ende Applaus für seinen Beitrag.
Zunächst skizzierte er die Planungen und traf vor allem bei den anwesenden ehemaligen Bergleuten auf verständnisvolles Nicken. Er räumte gleich zu Beginn ein, dass esbeimAbbauUnterTage selbstverständlich auch, wie früher, zu Explosionen kommen werde: "Das wird man hören, davon gehen Vibrationen aus, aber wir bauen im Feld zwischen den Orten ab, also wohnortfern." Für die Teilnehmer mit Bergbauerfahrung kein Thema. Verständnisvolles Murmeln im Raum. "Das war nie ein Problem", sagte eine Bergmannsgattin.
Im Mittelpunkt des Interesses stand allerdings der Kali-Abraumberg. Der werde entweder deutlich in die Höhe wachsen oder, als begrünbare Variante, in die Fläche. "Das ist die Alternative", sagte Zapp. Doch noch nicht das Ende der Diskussion, fügte er hinzu: "Wir haben eine eigene Projektgruppe eingerichtet, um auch mögliche Nutzungen der Halde zum Thema zu machen."
K+S gehe es darum, so Zapp, von Anfang an mit der Beteiligung der Bürger oder Verbände die Planung zu entwickeln: "Der Kalibergbau war immer der Vorreiter bei Modernisierungen." Das werde auch bei Detailfragen fortgesetzt: "Über und Unter Tage wollen wir umweltverträgliche Technologien entwickeln."
Eine Sorge trieb vor allem Vertreter der regionalen, mittelständischen Wirtschaft um: Gibt es genügend Fachleute für die anvisierten 500 bis 700 Arbeitsplätze? Und: Wird es eine Konkurrenz um die Auszubildenden geben? Zapp geht davon aus, dass durch andere Betriebsstilllegungen genügend Fachleute für Siegfried Giesen zur Verfügung stehen würden. Zum Thema Auszubildende könne er so nichts sagen, das sei eben eine Frage des Marktes. Was junge Leute eher freuen dürfte, angesichts jahrelanger Unsicherheiten auf dem Ausbildungsmarkt.
Zum Schluss hakten einige Bürger noch nach, ob es eine Abhängigkeit zwischen Kanalausbau und Bergbau gebe. "Definitiv nein", stellte Zapp klar, "wenn der Stichkanal nicht ausgebaut wird, ist das kein K.o.-Kriterium." Auch die Transportmenge für den Wasserweg werde nicht mehr als 200000 Tonnen überschreiten.
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Gemeinde Giesen | Gemeinde Harsum | Umwelt, Naturschutz, Klimaschutz | Wirtschaft und Verkehr
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