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(Quelle: Kehrwieder am Sonntag, 21.12.08)
Landkreis Hildesheim. Der Landkreis Hildesheim hat schriftlich auf die Kritik der Wohlfahrtsverbände an den geplanten Änderungen bei der Bemessung der Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger reagiert. In einem Schreiben an den Sprecher der Wohlfahrtsverbände und Caritas-Geschäftsführer Dr. John Coughlan weist der Erste Kreisrat Hans-Heinrich Scholz die Kritik in weiten Teilen als unbegründet zurück.
Coughlan wird den Brief Anfang der Woche erhalten, Scholz wollte dem KEHRWIEDER den Text vorab nicht zur Verfügung zu stellen, um es den Wohlfahrtsverbänden „nicht mit gleicher Münze heimzuzahlen“. Denn der Kreisrat war mächtig sauer, dass er von deren Kritik erst aus dieser Zeitung (Ausgabe vom vergangenen Sonntag) erfuhr. In der Verwaltung trudelte die gemeinsame Erklärung von Caritas, Diakonie und Co. erst am Montag ein.
Mieter haben Bestandsschutz
Es sei beispielsweise keineswegs so, dass der Kreis Wohnkosten für Hartz-V-Empfänger kürzen wolle. Die Leistungsempfänger, deren Mieten zurzeit das Job-Center bezahlt, genössen Bestandsschutz, sie müssten also weder ausziehen noch bekämen sie künftig weniger Miete erstattet. Für „Neukunden“ oder solche, die umziehen, könne es allerdings sein, dass ihnen künftig weniger Mietkosten zugestanden werden, als es die rechte Spalte der Wohngeldtabelle vorsieht.
Die Wohlfahrtsverbände hatten mit der Rechtssprechung des Landessozialgerichts argumentiert, welches die Region Hannover und den Landkreis Celle verpflichtet hatte, die Kosten der Unterkunft auf der Grundlage der Wohngeldtabelle anzuerkennen – dazu noch mit einem Aufschlag um zehn Prozent. Die Begründung: Solange die Kommunen keinen Mietspiegel oder eine andere qualifizierte Mietdatenbank hätten, sei der Rückgriff auf die Wohngeldtabelle gerechtfertigt. Den Aufschlag begründete das Gericht mit den gestiegenen Energiekosten, die in der seit 2001 gültigen Wohngeldtabelle nicht berücksichtigt sind. Ab dem 1. Januar 2009 gilt bundesweit eine neue Wohngeldtabelle – die Beträge wurden nun auch offiziell um die zehn Prozent erhöht.
Die Sorge des Landkreises Hildesheim: Sollte ein Gericht die Bezahlung nach der neuen Wohngeldtabelle anordnen und „zur Strafe“ für einen fehlenden Mietspiegel erneut zehn Prozent aufschlagen, betrügen die Mehrkosten für den Landkreis laut Scholz mehr als eine halbe Million Euro. Und das, so ergänzt der für Hartz IV zuständige Landkreis-Mitarbeiter Norbert Fengler, nachdem der Bund seine Mittel bereits um 1,5 Millionen Euro gekürzt hat. Darüber hinaus verweist der Landkreis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. Juni 2008, wonach die Wohngeldtabelle „grundsätzlich keinen geeigneten Maßstab für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft darstellt“. Vielmehr müssten die örtlichen Besonderheiten ermittelt werden – und hier sei „das Mietniveau des unteren Segments“ ausschlaggebend.
Der Landkreis ist der Ansicht, dass die so genannte „grundsicherungsrelevante Datenbank“, die er in den vergangenen Monaten erstellt hat, gerichtsfest ist. „Im Übrigen haben wir dafür auch die Wohnungsbaugesellschaften abgefragt“, widerspricht Scholz der Kritik der Wohlfahrtsverbände. Diese waren davon ausgegangen, dass der Landkreis lediglich Wohnungsannoncen in Zeitungen ausgewertet hatte.
Am Mittwoch legten Caritas und Diakonie in einer Pressekonferenz trotzdem nach. Vor allem die Nebenkosten seien in der neuen Geschäftsanweisung des Landkreises, die ab dem 1. Januar gelten soll, zu niedrig angesetzt. „Gerade bei günstigen Wohnungen ist der Energiebedarf höher, weil die nicht unbedingt wärmegedämmt sind“, sagte Matthias Böning vom Diakonischen Werk Hildesheimer Land.
„Energiekosten sind höher“
Scholz entgegnet, dass sich an den einzelnen Zahlen in der Anweisung durchaus noch etwas ändern könnte, daher seien auch die Beispielrechnungen, die die Sozialverbände dem KEHRWIEDER geschickt hatten, nicht zutreffend. „Wir arbeiten mit dem Lehrstuhl für Öffentliches Recht der Universität Hannover zusammen, die werden unsere Berechnungen überprüfen“, so der Erste Kreisrat. Im Übrigen seien die Zahlen nur Richtwerte, im Einzelfall – etwa bei Krankheit oder Behinderung der Bewohner – könne davon abgewichen werden.
Allem Ärger zum Trotz will Scholz sich am 16. Januar mit den Verbänden an einen Tisch setzen und seine Pläne noch einmal erläutern. Und er will sich beschweren, dass die Wohlfahrtsverbände dazu aufgerufen haben, die Bescheide anzufechten. „Es ist nicht in Ordnung, die Mitarbeiter des Job-Centers mit dieser Drohung so unter Druck zu setzen“, kritisiert Scholz. „Die saufen sowieso bald ab in Widersprüchen.“
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