Stadtrundgang mit Hindernissen

Eltern, die Kinderwagen schieben, Radfahrer und Rollstuhlfahrer haben in Hildesheim eines gemeinsam: Barrieren, die ihnen das Fortbewegen und damit das Leben schwer machen. Gemeinsam wollen nun der Verein Stolperstein, die Lebenshilfe, der Behindertenbeirat und das Förderzentrum Bockfeld den Stolperstellen zu Leibe rücken - und damit auch der Stadt Hildesheim.

Verein Stolperstein und Partner wollen barrierefreies Hildesheim / Stadtbaurat ist dankbar für Tipps

(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 16.07.12)  Hildesheim. Eltern, die Kinderwagen schieben, Radfahrer und Rollstuhlfahrer haben in Hildesheim eines gemeinsam: Barrieren, die ihnen das Fortbewegen und damit das Leben schwer machen. Gemeinsam wollen nun der Verein Stolperstein, die Lebenshilfe, der Behindertenbeirat und das Förderzentrum Bockfeld den Stolperstellen zu Leibe rücken - und damit auch der Stadt Hildesheim.

Sabine Wilkening kann ein Lied davon singen, wie schwer es ist, sich durch Hildesheim zu bewegen: Die 25-Jährige ist auf den Rollstuhl angewiesen. Auch wenn Andrea Althaus von der Lebenshilfe sie durch die Stadt schiebt wird es an vielen Stellen für sie nicht einfacher. Zum Beispiel auf dem Weg zwischen der Bischofsmühle und der höher gelegenen Süsterstraße. Egal, von welcher Seite man kommt: Man muss einen Rechts-Links- Parcours an zwei Barrieregittern meistern.

Für Fußgänger kein Problem, aber für alle anderen, sagt Andrea Althaus: " Ich schiebe meinen Vater manchmal mit dem Rollstuhl hier hoch, wenn man durch die Absperrung durch ist, fängt gleich die Steigung an."  Verständlich ist ihr nicht, warum " hier so drakonisch gesperrt wird" . Aus ihrer Sicht würde ein Pfahl auf einem Drittel der Breite reichen, damit keine Autos hier langfahren.

Sabine Wilkening muss, wenn sie alleine unterwegs ist, mit vollem Körpereinsatz arbeiten: eine Hand am Gitter, mit der anderen am Rad entweder, um zu bremsen oder sich nach vorne zu schieben. Die Anstrengung ist ihr ins Gesicht geschrieben, als sie die Passage vormacht.

" Es gibt viele Stellen in Hildesheim, die für uns Rollstuhlfahrer sehr unangenehm sind" , formuliert die 25-Jährige sehr höflich. Wie zum Beispiel die verstärkt gepflasterten Strecken in der Innenstadt. Was für Touristen als Verschönerungsaktion gedacht ist, sei für Rollstuhlfahrer eine reine Tortur, sagt sie. " Das geht in die Wirbelsäule" , erläutert Sabine Wilkening. Doch nicht nur das: Immer wieder bleiben die vorderen, kleinen Lenkräder in den breiten Fugen stecken. Zwar gibt es auch ebene Streifen auf der Strecke durch die Innenstadt, das sei aber nur ein schwacher Trost: " Man muss da erst mal hinkommen, außerdem sind die auch nicht immer frei."  Abgesehen davon, dass sie selbst nicht einfach dort entlang fahren kann, wo sie will - ohne auf das tückische Pflaster achten zu müssen.

Oder auf kleine Absätze und Rinnen im Straßenbereich, die ähnliche Folgen haben, als wenn man versucht, mit dem Fahrrad schräg auf einen Bordstein hochzufahren. Rollstuhlfahrer haben es nicht nur an sich schwer, ihnen wird das Leben zusätzlich zur Hürde gemacht, weil Stadtplaner oder auch Veranstalter nicht an sie denken, ärgert sich Sabine Wilkening: " Wenn in der Stadt ein Fest ist, gibt es nur Stehtische, die für uns auf Augenhöhe sind."  Hinzu kommen enge Gänge in Supermärkten, dass man an Regalen an viele Waren nicht herankommt oder zugeparkte Gehwege in der Stadt, zählt die junge Frau auf. An Probleme im Urlaub will sie schon gar nicht mehr denken, sagt sie: " Vieles nimmt man einfach schon hin, weil es sich sowieso nicht ändert."  

Doch genau das will die Initiative rund um den Verein Stolperstein nun doch erreichen - zumindest für Hildesheim. " Wir sind auf Hilfe und Tipps von Bürgern angewiesen, die uns ähnlich beschwerliche Stellen nennen" , sagt Andrea Althaus.

Eine Initiative, die Stadtbaurat Kay Brummer nur begrüßen kann: " Wir sind dankbar für jeden Hinweis."  Er hat schon zugesagt, die Barrieren an der Bischofsmühle in Augenschein zu nehmen und gegebenenfalls Abhilfe zu schaffen. " Wir binden den Verein Stolperstein häufig ein, wenn es um Umbauten geht" , sagt er und zählt als Beispiele den Bahnhofsvorplatz und die Arneken Galerie auf. Druck bei dem Thema gebe es auch von der Landesregierung, sagt Brummer: " Die Gesetze nehmen immer mehr Rücksicht auf die Anliegen behinderter Menschen."  

Kategorie

Inklusion

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>