Stadt möchte Werbung in Innenstadt beschränken

Die Stadt will die Reklame im Zentrum einschränken: Künftig soll es für Schaufenster, Vordächer und Markisen strengere Vorschriften geben.

Doch Rathaus will aus der Reihe tanzen, denn an der Lilie sollen weiter Banner hängen

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 17.06.11) Hildesheim. Die Stadt will die Reklame im Zentrum einschränken: Künftig soll es für Schaufenster, Vordächer und Markisen strengere Vorschriften geben. "Damit die Innenstadt nicht mit Werbung vollgekleckert wird", betont Stadtbaurat Dr. Kay Brummer. Für sich selbst möchte die Stadt eine Ausnahme machen, Hildesheim Marketing soll weiter seine Banner am Rathaus vor der Lilie aufhängen dürfen. In der Politik regt sich dagegen Widerstand. "Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit", meint Wilfried Kretschmer (SPD), der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses.

Dort präsentierte Stadtplaner Nils Funke aus Hannover den Entwurf der "Örtlichen Bauvorschrift", die in Zukunft die Reklame reglementieren soll. Denn die ist nach dem Geschmack der Verwaltung und der Politiker aus dem Ruder gelaufen – nicht nur mit Blick auf Dom und Michaelis-Kirche, in deren Umfeld es auf Wunsch der Unesco ohnehin zurückhaltend zugehen muss, erinnerte der Stadtbaurat. Doch schon auf den Wegen zu den Welterbestätten sollen Touristen einen guten Eindruck gewinnen, betonte Planer Funke. Bei auswärtigen Gästen der Arneken-Galerie hofft er auf einen Aha- Effekt beim Durchqueren der Stadt. "Damit sie vielleicht wiederkommen."

Dafür muss Hildesheim jedoch den Innenstadt- Kaufleuten engere Grenzen setzen, rät der Experte. "Reklame soll sich ins Stadtbild einfügen, darf aber nicht dominieren." Eben nicht so, wie es manche Vordächer und Markisen tun, die Funke als schlechte Beispiele präsentierte. Die einen, weil sie zu üppig ausfallen. Und die anderen, weil sie das ganze Jahr über hängen, anstatt nur im Sommer dezent als Sonnenschutz zu dienen – wozu sie einfahrbar sein müssten. Auch zugeklebte Schaufenster wie bei einem Zahnarzt in der Schuhstraße sind Funke ein Gräuel. Die Vorschrift soll die Klebefläche auf je 25 Prozent der Fläche beschränken. Dem Zahnarzt jedoch wird das keine Schmerzen bereiten, auch die Dauer- Markisen können hängenbleiben, räumte Stadtplaner Funke ein: "Genehmigte Anlagen haben Bestandsschutz, die Vorschrift erfasst nur künftige Werbung."

Gleichwohl sei der Eingriff grundsätzlich sinnvoll, verlautete es aus dem Ausschuss. Dessen Mitglieder behandelten die Bauvorschrift zum ersten Mal, sie entscheiden darüber erst später. Doch ein Punkt weckt schon jetzt den Argwohn mehrerer Politiker. So soll die neue Satzung nicht für das Rathaus gelten, damit dort weiter Werbebanner von Hildesheim Marketing hängen dürfen. "Ein Wunsch unseres Auftraggebers, der Stadt", erklärte Planer Funke. Und sorgte für allgemeines Stirnrunzeln. "Das Rathaus ist historisch bedeutsam", staunte Vorsitzender Kretschmer. Wenn die Stadt anderen Eigentümern für deren Häuser Auflagen mache, um die Gebäude zu schützen,  müsse sie gut erklären, warum sie sich selbst eine Sonderrolle zugestehe. "Damit machen wir uns unglaubwürdig", fand auch Grünen-Vertreter Ulrich Räbiger. Es sei denn, die Stadt unterscheide zwischen kommerzieller und nichtkommerzieller Werbung. Und nur um letztere gehe es ja am Rathaus, argumentierte Räbiger: "Da präsentieren wir uns als Stadt." Ein guter Ansatz, lobte der Unabhängige Eckart Sackmann. FDP-Ratsherr Martin Gottschlich widersprach: "Eine Fahne ist eine Fahne – egal, wer sie aufhängt." Das könnten Richter genauso sehen, merkte Stadtplaner Funke an: "Gegner könnten an dieser Stelle mit einer Klage ansetzen." Das Rathaus fühle sich aber rechtlich auf der sicheren Seite, erwiderte Stadtbaurat Brummer, der sich ansonsten sehr mit Erklärungen zurückhielt. Die lieferte dafür Marketing-Chef Lothar Meyer-Mertel gegenüber dieser Zeitung nach: Er habe kein Interesse an kommerzieller Werbung am Rathaus, wolle dort aber weiter "übergreifende Themen der Stadt kommunizieren". In der Kaufmannschaft gibt es Vorbehalte gegen die Lex Rathaus. "Gleiches Recht für alle", fordert Hans-Uwe Bringmann, Chef der "Freundlichen Hildesheimer". Die stehen ansonsten hinter der Satzung. Und wollen sogar weitere Einschränkungen: Der Rat müsse auch mobile Werbe-Aufsteller regulieren. "Wir wollen mehr Qualität im Stadtbild." Planer Funke regte ebenfalls an, sich der Aufsteller anzunehmen: "Sie sollten Zahl und Größe regeln." Dazu müsste die Stadt ihre Sondernutzungssatzung ändern. Sollte sie, meint CDU-Ratsherr Matthias Jung: "Für mich sind das Stopper, die stehen nur im Weg."

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Stadt Hildesheim

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