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"Wir befürchten Abwärts-Spirale" / 10 000 Studenten als Ziel
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 16.06.11) Hildesheim. "Anstatt eine Strategie zu verfolgen, wo die Stadt eigentlich hin will, geht Hildesheim beim Sparen nach dem Modell tief gestellter Rasenmäher vor." Das sagte gestern Prof. Dr. Christiane Dienel, Präsidentin der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst, HAWK, vor der Presse. Zu der in dieser Form erstmaligen gemeinsamen Pressekonferenz hatte Dienel zusammen mit dem Präsidenten der Stiftung Universität Hildesheim, Prof. Dr. Wolfgang-Uwe Friedrich, sowie dem Rektor der in Hildesheim beheimateten Norddeutschen Hochschule für Rechtspflege, Prof. Christian Stallmann, eingeladen.
Zwar räumte Friedrich ein, dass alle drei Präsidenten die Bemühungen der Stadt um einen ausgeglichenen Haushalt anerkennen. "Auch kritisieren wir nicht, dass die Stadt das Sparen in Angriff genommen hat", so Friedrich. Die Folgen aber "verschlechtern die Chancen des Hochschulstandorts Hildesheim."
Dienel, Friedrich und Stallmann brachten Beispiele, die sich auf die breite Kulturlandschaft Hildesheims bezogen, auch wenn das TfN zum Beispiel aktuell von Kürzungen nicht bedroht sei:
Theater für Niedersachsen: Rund 100 Studierende der Uni seien regelmäßig am TfN tätig. Die "sehr enge Partnerschaft" zwischen Uni und TfN" sei Friedrich zufolge ein Vorteil für Hildesheim, so der Uni-Präsident und verwies darauf, dass 80 Prozent der Studierenden nicht aus Hildesheim kämen.
Volkshochschule: Allein das Sprachenangebot der VHS mit rund 20 Sprachen werde von bis zu 280 Studierenden genutzt. "So ein breites Angebot können wir nicht vorhalten", sagte Friedrich und wies auf drei weitere VHS-Projekte in Kooperation mit der Uni hin:
Schulvorstände: Für deren Aus- und Fortbildung gebe es 350 000 Euro EU-Fördermittel;
Lehrkräfte: für deren Weiterbildung stelle das Land 130 000 Euro bereit;
Kompetenzzentrum für die Lehrerfortbildung: Hier stelle das Land 250 000 Euro bereit. Friedrich: "Diese Kooperationen zwischen Uni und VHS sichern 750 000 Euro Fördermittel. Wird die VHS geschwächt, droht auch Gefahr für diese Mittel."
Stadtarchiv: Bis zu 15 Studierende seien dort regelmäßig tätig.
Roemer- und Pelizaeus-Museum: Mit der Uni werde am Aufbau einer Datenbank gearbeitet. Die HAWK biete bei Konservierung und Restauration hervorragende Praxisfelder an, so Dienel unter Bezug auf St. Michael und die Ägyptologie im Museum. Wer hier kürze, gefährde den ganzen Studiengang, sagte Dienel unter Hinweis auf etwa Dresden als Konkurrenz. Für Hildesheim wäre das ein "empfindlicher Verlust".
Musikschule: Die Uni habe dort sechs Räume gemietet, für die Lehrerausbildung sei das zentral, die Zusammenarbeit solle noch weiter ausgebaut werden.
Sozialarbeit: Die HAWK sei "auf das Engste" mit der Stadt verbunden. Kürzungen der Projektarbeit würde die gute Schnittstelle zwischen Stadt undHAWK empfindlich treffen.
Auch Prof. Stallmann stellte sich an die Seite seiner Kollegen, deren Sorgen er teile. Die bis zu 400 Studierenden der Norddeutschen Hochschule hätten eine starke Identifikation mit Hildesheim, was auch am kulturellen Angebot liege. Einschnitte würden bei den Studenten "sehr schnell ankommen".
Dienel kritisierte, Hildesheim gehe beim Sparen nur nach klassischer Verwaltungslogik vor: gekürzt werde, wo es am leichtesten gehe, also bei freien Leistungen ohne Rechtsanspruch. Dabei sei es offenkundig, dass das Projekt "Campus" im Weinberg ein Wachstumssignal sei.
Dieses Argument griff Friedrich auf. Im kommenden Wintersemester sei es möglich – auch wegen des doppelten Abiturjahrgangs – dass knapp 10 000 Studierende in der Stadt seien, 6000 in der Uni, bis zu 400 bei der Rechtspflege und rund 3000 bei der HAWK.
"Wir fürchten, dass die Wirkungen jedes gesparten Euros nicht bedacht wird", so Friedrich. "Wir haben den Eindruck, dass die Streichliste keine strategische Ausrichtung erkennen lässt", ergänzte Christiane Dienel. Hildesheim könnte in den Sog einer Abwärts-Spirale geraten, so Friedrich.
Die Schlussfrage, ob es im Vorfeld der Sparbeschlüsse seitens der Stadt Kontakt zu den Hochschulen gegeben habe, verneinten alle drei. Dieser Prozess sei in Lübeck und Braunschweig besser gelaufen, sagte Friedrich.
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