Situation im Rathaus spitzt sich zu

Manfred Hüttemann hat in der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung die Situation um den Stadtbaurat Brummer näher beleuchtet.

Kommentar von MANFRED HÜTTEMANN in: Hildesheimer Allg. Zeitung, 21.05.10. Die jüngste Episode spricht Bände: Nach einer Routinesitzung bittet der Oberbürgermeister seinen Stellvertreter um ein kurzes Vier-Augen-Gespräch ohne Beisein des Brummer-Referenten. Brummer möchte nur unter Zeugen mit dem OB reden. Das lehnt Machens ab. Kurzer Wortwechsel. Brummer will den Raum erzürnt verlassen. Machens versperrt ihm den Weg, weil er das Gespräch als noch nicht beendet ansieht. Brummer spricht von Freiheitsberaubung. Der OB lässt ihn daraufhin ziehen.

Brummer informiert einen rechtskundigen CDU-Ratsherrn über den Vorgang. Dabei soll er beklagt haben, vom OB "eingesperrt" worden zu sein. Brummer erweckt den Eindruck, die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen zu wollen.

Es kursieren anonyme Flugblätter in der Stadtverwaltung ("Brummer raus") und anonyme Briefe, die sich kritisch mit der Person Brummers auseinandersetzen. Aber auch in vertraulichen Vier-Augen- Gesprächen innerhalb und außerhalb der Verwaltung kommt der Stadtbaurat nicht gut weg. Brummers Fachkompetenz wird kritisch hinterfragt, und von Mängeln in der Menschenführung ist die Rede. Offen will niemand Farbe bekennen. Es sind aber keine Einzelfälle.

In Sitzungen ist es immer wieder Fachbereichsleiter Thorsten Warnecke, der alle Fragen kompetent zu beantworten weiß. Brummer sitzt daneben.

Kritik ist hinter vorgehaltener Hand auch aus Investorenkreisen zu hören. Sie vermissen bei Brummer klare Konzepte und direkte Drähte, um mit ihm kurzfristig Realisierungschancen von Projekten ausloten zu können.

Im Rat hat sich Brummer Rückhalt verspielt, als er jüngst in seiner Heimatzeitung in Goslar erklärte, nicht unbedingt in Hildesheim als Stadtbaurat bleiben zu wollen. Die Kritiker fragen sich nun, wer in Hildesheim noch mit einem Stadtbaurat verhandeln wolle, der sich gedanklich bereits verabschiede.

Brummer gilt allgemein als verlässlich und distanziert. Nur schwer kann man mit ihm warm werden. Positives hört man aus Ratskreisen. Seine Verbeugungen vor der Politik, die er gern als seinen obersten Souverän bezeichnet, kommen dort vom Parteieintritt in die CDU bis zur Zusammenarbeit gut an. Gefordert ist an der Spitze der Stadt aber nicht nur ein Zuarbeiter, sondern ein Vordenker, Gestalter und Entscheider. Da hat Brummer bisher seinen kraftvollen Worten ebensolche Taten vermissen lassen.

Ein Beispiel: Anerkennung hat er sich im Rat bei der Realisierung des Zuckerhutes erworben. Aber auch dort war es nicht der Stadtbaurat, der frühzeitig den Kopf aus der Deckung gesteckt hat und klar Position für oder gegen die Rekonstruktion bezogen hat. Er war als Mittler zwischen Befürwortern und Gegnern erfolgreich. Das ist vielen zu wenig.

Die Posse um die Frage, ob er Interviews ohne Beistand der Stadt-Pressestelle geben darf, hat Fragen zu seinem Wohnsitz ausgelöst. Dazu scheint sogar ein Rechtsstreit zu drohen. Machens ist verärgert, weil er anderen Kandidaten, denen er beim Auswahlverfahren den Vorzug vor Brummer geben wollte, absagen musste, weil diese nicht nach Hildesheim ziehen wollten. Warum Brummer es nicht verstanden hat, mit den Beteiligten eine pragmatische Übergangslösung zu verabreden, wird sein Geheimnis bleiben. Stattdessen ist er nach seiner Wahl zum Stadtbaurat und zum Stellvertreter von Machens samt Gehaltserhöhung gleich zweimal wortbrüchig geworden. Das schadet seiner Glaubwürdigkeit.

Was tun? Das anfänglich von den Parteien zu Beginn dieser Woche dringend geforderte und für heute angesetzte Spitzengespräch der Fraktionschefs mit Machens und Brummer ist auf Wunsch einzelner Vorsitzender auf Dienstag vertagt worden. Mittlerweile ist auch dieser Termin hinfällig. Dabei könnte es nicht mehr um "Nebensächlichkeiten" wie die Residenzpflicht gehen, welche die Stadt-SPD jetzt einfordern will. Schlimmer ist, dass in Hildesheim mittlerweile die Frage diskutiert wird, ob der Stadt durch eine Abwahl Brummers, dem formal nichts vorzuwerfen ist, höherer Schaden entsteht, als wenn dieser bis zum 10. Mai 2017 im Amt bliebe.

Eine Abwahl wegen des nicht eingelösten Wohnsitzwechsels kommt für die Mehrheit des Rates wegen der damit verbundenen Geldverschwendung eher nicht in Frage. Dafür müssten mindestens 36 der 47 Ratsmitglieder (75 Prozent) die Hand heben. Brummer stünden dann fünf Jahre lang 72 Prozent seiner derzeitigen Besoldung (B5) von 7630 Euro zu. Anschließend fällt der Betrag unwesentlich niedriger aus. Seine Amtszeit endet regulär im Mai 2017.

Die großen Fraktionen sehen in Machens den Hauptschuldigen für diese Entwicklung. In der Tat hat der OB seinen Stellvertreter öffentlich wiederholt schlecht aussehen lassen. Damit hat er Brummer geschwächt, Misstrauen gesät und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit erschwert. Doch Brummer hat sich auch selbst kräftig ins Abseits gestellt.

Im Rat gibt es daher bereits Stimmen, die sagen, acht Jahre Stillstand und Dauerkonflikte in der Führungsetage, wo von Rat und Verwaltung wegen der akuten Finanznot Zusammenhalt, Mut und Entschlossenheit gefordert sei, komme die Stadt letztlich viel teurer zu stehen, als die Abwahl. Auch hegen sie die Hoffnung auf eine preiswerte hausinterne Lösung.

In dem noch ausstehenden Spitzengespräch mit den Fraktionschefs, Machens und Brummer müssen die Fraktionen Antworten darauf geben, ob sie mit dem Wirken des Stadtbaurates zufrieden sind und die Zusammenarbeit noch acht Jahre fortsetzen können und wollen.

Brummer muss sich fragen, ob er seinen ramponierten Ruf noch reparieren kann. Ist das nicht der Fall, kann er weder eine schlagkräftige Verwaltung führen noch die Stadt inhaltlich voranbringen. Und Machens muss seinen Führungsstil überdenken. Liegen die schonungslosen Antworten auf dem Tisch, muss eine Entscheidung her. Eines steht fest: Ein "Weiter so" darf und kann es nicht geben.

Kategorie

Bauen und Wohnen, Stadtentwicklung

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