Produzenten leben im Stall nebenan

Der kleine Laden auf dem Hof der Familie Behrens in Bornum läuft. Keine Werbung, kein Hinweisschild im Ort. Doch die Kunden finden den Weg. Die Gartenpforte fällt an den zwei Öffnungstagen in der Woche meist gar nicht mehr ins Schloss. Der Andrang ist so groß, dass Elke Behrens häufiger öffnen könnte.

Keine Werbung, keine Hinweisschilder: Kunden finden Bornumer Hofladen auch so

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 22.08.11) Bornum. "Ich brauche für Sonnabend einen Nackenbraten, aber einen, der auf unseren Kugelgrill passt", bestellt Ulrike Hermann und zeigt mit den Händen, wie groß das Stück Fleisch in etwa sein sollte. Elke Behrens, die Frau hinter dem Tresen, weiß Bescheid. Sie kennt sogar den Grund für die Bestellung ihrer Stammkundin: Bei Hermanns wird Einschulung gefeiert. Auch Behrens Tochter Julia steht der große Tag an diesem Wochenende bevor. Deshalb bleibt der Hofladen der Familie Behrens heute ausnahmsweise einmal geschlossen.

Der kleine Laden auf dem Hof der Familie Behrens in Bornum läuft. Keine Werbung, kein Hinweisschild im Ort. Doch die Kunden finden den Weg. Die Gartenpforte fällt an den zwei Öffnungstagen in der Woche meist gar nicht mehr ins Schloss. Der Andrang ist so groß, dass Elke Behrens häufiger öffnen könnte. "Ich bin nicht abgeneigt", sagt die Chefin. "Aber erst müssen die Kinder größer sein." Denn neben der sechsjährigen Julia flitzt auch der vierjährige Pascal über den Bauernhof.

Das besondere an diesem Hofladen ist: Die Eier, die in Papp-Paletten auf ihre Käufer warten, werden gleich nebenan produziert. Wenn es ganz ruhig ist, hört man die Hühner leise gackern. Die Schweine haben ihr Domizil quer über den Hof. Auf Stroh leben die – bis sie 115 Kilogramm wiegen und der Schlachttermin ansteht. "Wer will, kann sich die Schweine anschauen", sagt Eike Behrens, Landwirt in fünfter Generation. Seinen Masttieren bleibt das Schicksal vieler Artgenossen erspart. Sie werden nicht durch halb Europa gekarrt. Selbst die Schweine, die Landwirt Behrens verkauft, müssen keine langen Strecken im Viehtransport ertragen. Darauf legt er großen Wert. Beim Schlachter in Bockenem quieken seine Tiere ein letztes Mal. Dann kehren sie wieder auf den Hof zurück: Als Würstchen, Steak, Leber-, Mettwurst oder als Sülze in der Dose. Die Kunden schätzen das.

Obwohl der Hof kein zertifiziertes Bio- Unternehmen ist, wächst der Kundenstamm stetig. Nach dem Dioxin-Eier- Skandal am Anfang des Jahres etwa sei die Eiernachfrage enorm gewesen. Die Landwirtsfamilie reagierte: "Wir stockten von 60 auf 110 Hühner auf", erklärt Vollerwerbslandwirt Behrens. Seine Frau erinnert sich: "Der Bedarf war so groß, dass wir mehrmals am Tag nachschauten, ob noch Eier gelegt worden waren."

Kundin Hermann schätzt, dass selbst sie weiß, was die Hühner zu fressen bekommen. Das Federvieh pickt Getreide vom Behrensschen Acker, die Schweine bekommen das Korn ebenfalls – allerdings geschrotet. Das erledigt der Hausherr. Kritische Kunden wie Ulrike Hermann stellt das zufrieden. Wütend macht die Bornumerin indes, wenn sie entdeckt, dass auf Wochenmärkten Eier aus Legebatterien verkauft werden. "Das erkennt man an den Stempeln", erklärt sie. Zugekauft wird in Bornum nicht. Wenn alle Eier verkauft sind, gibt’s keine mehr.

Die Qualität der Lebensmittel ist ein häufiges Thema in dem Laden. Doch nicht nur Müttern wie Ulrike Hermann oder Dagmar Porschke, ist es wichtig, wo das Fleisch herkommt. Auch ältere Kunden legen darauf Wert. Denen ist jedoch noch etwas anderes wichtig: Der persönliche Kontakt. Wenn Elke Behrens die Ladentür aufsperrt, stehen die ersten Kunden schon davor. Sie wollen nicht nur Wurst, sondern auch interessante Neuigkeiten aus dem Dorf. Und wenn das Gespräch so richtig in Gang ist, dann bedauert so mancher, dass Elke Behrens nicht auch noch ein Hofcafé betreibt. Das Argument, dafür fehle der Platz, lassen die meisten nicht gelten. "Dann bauen Sie doch an", bekommt sie dann zu hören.

Dabei erweitert die gelernte Einzelhandelskauffrau stets das Angebot, schaffte eine größere Kühltheke an, nachdem sie das Geschäft vor zwei Jahren von Schwiegermutter Gerda Behrens übernahm. Die eröffnete 1998 den Hofladen. Elke Behrens bietet Brot und Kuchen an, vor dem Eierschrank stehen neuerdings Gläser mit Weingelee aus Rheinland- Pfalz. Und von Oktober an ist Hähnchenfleisch im Programm. Die Tiere beziehen bald ihren Stall auf dem Hof.

"Die Zwiebelleberwurst ist sehr lecker", preist sie die neue Wurstsorte an. Dagmar Porschke vertraut auf Behrens Geschmack und lässt sich ein Stück einpacken. "Wir sind heute Nacht erst aus dem Urlaub gekommen, der Kühlschrank ist leer", erzählt die Kundin und probiert nebenbei ein Scheibchen Luftgetrocknete. Vor dem Einkaufen habe sie noch ein bisschen schlafen müssen.

Ausschlafen, das kommt für Elke Behrens nicht in Frage. Um 7 Uhr marschiert sie sonnabends ins Geschäft, bindet ihre Schürze um, holt die Ware aus dem Kühlraum, bestückt den Laden. Nicht selten klopft es dann schon an der Tür, weil irgendwer Wurst oder Eier will. Nur den Dorfklatsch, den gibt es frühestens ein paar Stunden später.

Kategorie

Landwirtschaft, Ernährung, Verbraucherschutz

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