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Interview mit Brigitte Pothmer
(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 08.10.10)
HAZ (Michael M. Grüter ): Muss der Niedriglohnsektor neu geordnet werden?
Brigitte Pothmer (MdB Bündnis 90/Die Grünen): Deutschland hat den größten Niedriglohnsektor in Europa mit über sechs Millionen Beschäftigten. Davon arbeiten 1,5 Millionen für fünf Euro die Stunde und weniger. Das ist nicht nur unwürdig, es ist auch teuer. Der Staat subventioniert die Schmutzkonkurrenz von Unternehmen mit Milliarden, um Niedriglöhne aufs Existenzminimum aufzustocken.
Die Koalition will im Bereich von 400 bis 800 Euro den Zuverdienst attraktiver machen. Ist das klug?
Es ist immer richtig, Anreize zu stärken, Arbeit aufzunehmen. Doch die Modelle der FDP, die im Gespräch sind, würden noch mehr Menschen der Hartz- IV-Bürokratie unterwerfen und zudem viel Geld kosten. Das wäre absurd.
Was schlagen die Grünen vor?
Lohndumping wollen wir durch einen gesetzlichen Mindestlohn ausschalten. Es bleibt das Problem, dass niedrige Einkommen in Deutschland überproportional von den Sozialabgaben belastet sind. Deshalb sollten kleine Einkommen bis 2000 Euro bei den Sozialabgaben entlastet werden. Damit diese Beschäftigten trotzdem Sozialansprüche erwerben, müsste der Staat den Sozialversicherungen einen Ausgleich über 6,5 Milliarden Euro verschaffen.
Das wäre viel Geld.
Ja. Aber wir haben nur die reinen Kosten berechnet. Weil für die Unternehmen die Arbeitskosten sinken, erwarten wir aber, dass sie mehr Jobs in diesem Bereich schaffen würden. Damit würden beträchtliche Ausgaben für Hartz IV entfallen und die Steuereinnahmen steigen.
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