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Insolvenzverwalter hofft auf Entscheidung zum Ende des Sommers / "Viele Verbesserungen erreicht"
(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 10.07.12) Bockenem. In die Suche nach einem Investor für den insolventen Automobil- Zulieferer Meteor kommt Bewegung. Wie Insolvenzverwalter Christopher Seagon gestern nach einer Betriebsversammlung in Bockenem erklärte, werden noch im Juli die ersten Vertreter potenzieller Käufer im Hauptwerk erwartet, um Anlagen und Bücher unter die Lupe zu nehmen. Seagon geht davon aus, dass Ende August oder Anfang September erste Angebote vorliegen, über die dann verhandelt werden kann.
Das Interesse an Meteor ist dem Insolvenzverwalter zufolge groß - und breit gestreut. " Wir erwarten mehrere ernsthafte potenzielle Investoren" , erklärte der Heidelberger. Unter den bereits jetzt bekannten Interessenten seien ein Finanzinvestor, internationale Konkurrenten von Meteor sowie Autozulieferer, die bislang keine Dichtungen herstellen, ihr Angebot aber um diese Komponente erweitern wollen. Genauer wollte sich Seagon gestern nicht äußern. Offenbar hat sich bislang kein deutsches Unternehmen um die Meteor-Übernahme bemüht.
Ein halbes Jahr nach dem Insolvenzantrag lobte Seagon " deutliche Fortschritte" . " Wir haben die Effizienz gesteigert und den Ausschuss deutlich verringert." Heißt vereinfacht: Meteor kann mit weniger Material genauso viele Dichtungen produzieren, weil weniger kaputt geht. Dadurch seien zugleich weniger " Sonderfahrten" nötig. Tatsächlich liefert Meteor seine Erzeugnisse meist direkt ans Band der Automobil-Hersteller. Wenn dort die Produktion stoppt, weil Bauteile fehlen, wird es für Meteor richtig teuer. Weshalb das Unternehmen Dichtungen schon mal mit einem Extra- Lastwagen oder gar per Hubschrauber nachliefern musste - ein enormer Kostenfaktor. " Das ist deutlich zurückgegangen" , stellen Seagon und Betriebsrats- Chef Wolfgang Opitz fest.
Letzterer sieht einen Grund für die Verbesserung in einer neuen Haltung, die Seagons Team ins Unternehmen gebracht hätte: " Vor der Insolvenz hieß es beispielsweise: Möglichst nichts lagern. Dadurch hatte man keine Reserven, wenn mal eine Nachlieferung nötig wurde." Das sei jetzt anders, die seit der Insolvenz tätigen Spezialisten hätten unter anderem Platz in Hallen geschaffen und dafür gesorgt, dass immer " Puffer-Bestände" vorgehalten würden. " Klingt einfach, war aber ein aufwändiger Prozess" , erinnert sich Opitz. Für Seagon ist dies eine von vielen Entscheidungen, die sich hinter den Schlagworten Effizienz und Produktivität verbergen. Der hohen Materialverluste sei man durch bessere Qualitätskontrolle Herr geworden.
" Ein Insolvenzverwalter hat es natürlich manchmal auch leichter" , sagt Seagon. " Wenn ich sage, wir müssen das jetzt machen, sonst wird es dunkel, hat das nochmal ein anderes Gewicht, weil man mir abnimmt, dass ich das - auch Betriebsschließungen - schon erlebt habe." Hinzu komme ein banaler Effekt: " Wer mit frischem Blick und Erfahrung auf die Abläufe guckt, sieht eben Dinge, die der Alteingesessene nicht mehr sieht." Die Frage, warum die Verbesserungen nicht schon vor der Insolvenz möglich waren, hatten auch Mitarbeiter in der Betriebsversammlung gestellt.
Weiterer Ausweis der besseren Abläufe laut Seagon und Opitz: Seit 1. Juli fährt Meteor in Bockenem nicht mehr 21 Schichten, sondern 15 - Wochenende ist Wochenende. " Wir schaffen in kürzerer Zeit die gleiche Menge bei besserer Qualität" , meint Opitz. Das sei auch für die Belegschaft besser: " Zuletzt wurden unendliche Überstundenkonten angehäuft, damit soll jetzt Schluss sein." Auch Seagon betont, dass die Mitarbeiter viel den ersten Schritten der Sanierung beigetragen hätten. Weitere müssten aber folgen, um das Unternehmen verkaufsfähig zu machen. Und dass es kein Zuckerschlecken wird, habe er von Anfang an gesagt: " Zu lange hat das Unternehmen eben keinen neuen Aufträge mehr bekommen." Die Last der Insolvenz trügen jetzt aber auch Gläubiger wie Banken und Zulieferer sowie die Automobil-Hersteller, die die Finanzierung des Betriebs bis Jahresende gesichert hätten.
Mit Blick auf einen neuen Eigentümer stellt Seagon klar: " Für einen Euro ist das Unternehmen nicht zu haben. Der Betrieb läuft, die Auslastung ist hoch, wir liefern absolute Qualität." Ein Investor müsse unzweifelhafte Bonität nachweisen und bereit sein, kräftig zu investieren. Die Hauptkunden VW, Daimler und BMW hätten bereits " Hinweise" , wie Seagon vorsichtig sagt, gegeben, dass neue langfristige Großaufträge kommen können, wenn der neue Eigentümer feststeht und ein tragfähiges Konzept vorlegt. Einen zweiten Fall Ruia wollen die Beteiligten, auch wenn das keiner so direkt sagt, unbedingt vermeiden.
Vom neuen Eigner hängt auch ab, wie es für die Belegschaft weitergeht. Bislang sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeblieben. Durch auslaufende Zeitverträge, Ruhestand und Wechsel zu anderen Firmen hat Meteor in Bockenem seit Jahresbeginn rund 60 der knapp 1800 Mitarbeiter eingebüßt, allerdings zwischenzeitlich auch befristete Verträge verlängert. In einigen Bereichen sind laut Betriebsrat Opitz sogar Festverträge für bisher befristet Angestellte zu erwarten.
Für das kommende Jahr rechnet der Insolvenzverwalter allerdings mit einer Delle: " Wenn neue Aufträge kommen, geht das Ganze nicht von heute auf morgen. Da müssen wir sehen, wie wir das überbrücken." Mit einer " Kündigungswelle" rechne er aber nach wie vor nicht.
Hoffnung macht ihm auch ein bislang wenig beachteter Aspekt. Immer ist von VW, Daimler und BMW die Rede - doch 20 Prozent des Umsatzes bestreiten rund zehn weitere Kunden, etwa Hersteller von Kühlschränken: " Von denen ist kein einziger abgesprungen, obwohl sie es leichter gekonnt hätten als die Autofirmen. Meteor genießt also weiterhin Wertschätzung."
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