Megamasten: Ist das Riesen-Paket böse Absicht?

Bürgermeister Klaus Huchthausen ist sauer. Stinksauer. Der Grund: Ein 4538-Seiten-Papierpaket. Darin sind sämtliche Stellungnahmen zur 380-kV-Leitung (inklusive des Landes und des künftigen Betreibers) zusammengefasst. Die Akte müssen die Gemeinden bis zum ersten Erörterungstermin am 28. März durcharbeiten

Mega-Masten fordern Mega-Vorarbeit: Gemeinden sollen 4538 Seiten zur 380-kV-Leitung in 21 Tagen durcharbeiten

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 12.03.11) Holle. Bürgermeister Klaus Huchthausen ist sauer. Stinksauer. Der Grund: Ein 4538-Seiten-Papierpaket. Darin sind sämtliche Stellungnahmen zur 380-kV-Leitung (inklusive des Landes und des künftigen Betreibers) zusammengefasst. Die Akte müssen die Gemeinden bis zum ersten Erörterungstermin am 28. März durcharbeiten. "Für kleine Verwaltungen ist das in der Zeit nicht zu schaffen", ärgert sich Huchthausen. Der Verwaltungschef geht sogar noch weiter: "Wahrscheinlich ist das auch gar nicht gewollt."

Dieses Verfahren mache ihn fassungslos, sagt Huchthausen (SPD) und schiebt eine CD über den Tisch. Da sind drei PDF-Dateien drauf, insgesamt 4538 Seiten. Auf dem Silberling steht die Anschrift des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung. Verschickt hat sie Regierungsvertreter Günter Piegsa aus Braunschweig mit einer Einladung zu Erörterungsterminen, die am 28. März beginnen und 13. April enden. Der Eingangsstempel des Schreibens trägt das Datum vom 7.März. "In 21 Tagen, sollen wir diese Masse durcharbeiten. Unmöglich", empört sich Huchthausen. Dennoch hat er mit der Lektüre begonnen, auf Seite 508 entdeckte er das Resümee für die Gemeinde Holle. Darin steht, dass der Vorhabenträger (Tennet) die Variante 2 der Trassenführung durch die Gemeinde als die "aus umweltplanerischer und raumstruktueller Sicht zu präferierende Variante bewertet". Dem Urteil gehen 58 Seiten, die sich nur mit dem Abschnitt Holle befassen, voraus. "Wir sind keine Rechtsgelehrten. Um die Texte zu verstehen, muss man sie mehrfach lesen", erklärt der Verwaltungschef.

Die Gemeinde Holle hatte – wie andere betroffene Gemeinden auch – ihre Bedenken gegen die Trassenführung formuliert (auf 20 Seiten) und bei der Landesplanungsbehörde eingereicht.

Die Eingaben sind mittlerweile ausgewertet (diese Zeitung berichtete gestern). Die Stellungnahmen des Landes als Verfahrensführer und des Vorhabenträgers sind auf eben 4538 Seiten nachzulesen. "Sicher könnte man sagen, man liest nur das, was einen direkt betrifft", erklärt Huchthausen. Aber schließlich müsse er doch auch wissen, wie die anderen Gemeinden argumentiert haben.

Mit seiner Empörung stehe er nicht alleine da. Auch seine Amtskollegen Erich Schaper aus Bad Salzdetfurth, Wolfgang Pletz aus Lamspringe und Reiner Bender aus Söhlde seien sauer. "Ich frage mich, ob das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit mit diesem Verfahren noch vereinbar ist", sagt Reiner Bender. Selbst mit viel gutem Willen sei der Papierberg nicht bis Ende März durchzuarbeiten. In Söhlde würde die Trasse durch ein gesetzlich festgelegtes Rohstoffsicherungsgebiet führen.

"Mal ganz abgesehen von den Umweltaspekten würde dies das Aus für die Kreidewerke bedeuten", mutmaßt der Söhlder Verwaltungschef.

Für die Gemeinden steht viel auf dem Spiel. Deswegen wollen sie gut vorbereitet in das Treffen Ende März gehen. Die Idee, das Aktenpaket einen Rechtsanwalt lesen zu lassen, war aus Kostenfragen zumindest in Holle schnell wieder vom Tisch. "Wir werden die Arbeit wahrscheinlich im Hause aufteilen", erklärt Huchthausen. Er fragt sich, wie die ehrenamtlichen Gegner der Strom-Freileitungen diese Arbeit wohl bewältigen wollen.

Kategorie

Energie | Umwelt, Naturschutz, Klimaschutz

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