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Bund plant Gesetz / TenneT soll zahlen – und sich das Geld von den Netz-Nutzern zurückholen
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 15.06.11) Kreis Hildesheim. Bürger und Kommunen im Landkreis bangen der Entscheidung entgegen, wo die neue Höchstspannungsleitung verlaufen soll. Die Bundesregierung plant nun, Städte und Gemeinden finanziell zu unterstützen. Davon erhofft sich das Bundesumweltministerium mehr Akzeptanz von den Bürgern in den betroffenen Kommunen. Es geht voraussichtlich um einmalig bis zu 40000 pro Kilometer Leitung.
Das wäre ein Novum in der Bundesrepublik. Bisher bekommen Kommunen zwar jährliche Konzessionsabgaben von den Betreibern der Ortsnetze (in dieser Region e.on Avacon, EVI und ÜWL). Für die Überland-Leitungen gibt es aber kein Geld. "Das war im Energiewirtschafts- Gesetz bisher nicht vorgesehen", sagt Dr. Elke Mayer, Sprecherin des Umweltministeriums in Berlin. Doch nun habe es einen Sinneswandel gegeben: "Kommunen, über deren Gebiet eine Freileitung, und ihre Bürger haben bisher keine Nutzen aus dem Projekt", so Mayer. Sie seien aber durch die Leitung beeinträchtigt. Deshalb der Gesetzesvorschlag: "Die Zahlung der Netzbetreiber kommt den Bürgern der jeweiligen Kommune zugute." Über die Verwendung entscheide der Gemeinderat, da gebe es keine Vorgaben.
Der Netzbetreiber TenneT, der die Leitung von Wahle nach Mecklar baut, soll also den Kommunen Geld bezahlen. Allerdings letztlich nicht aus eigener Tasche. Vielmehr darf er dem Gesetzesentwurf zufolge bis zu 40000 Euro pro Kilometer an die Stromkonzerne weitergeben, die die Leitung nutzen. Weil die ihre Netznutzungsentgelte im Endpreis an den Verbraucher weiter geben, bezahlen letztlich alle Stromkunden.
Allerdings ist der Anteil der Entschädigung an den Gesamtkosten des Projektes nicht sonderlich hoch. 293 Millionen Euro Investitionskosten kalkuliert TenneT derzeit für die 190 Kilometer von Wahle nach Mecklar. 40000 Euro zusätzlich pro Kilometerwürden ein Plus von 7,6 Millionen Euro ausmachen, die Gesamtkosten also um zwei Prozent erhöhen. Auch die Auswirkungen auf den Strompreis des einzelnen Bürgers dürften deshalb marginal sein.
Immerhin – im Landkreis Hildesheim könnten einige Kommunen profitieren. In der Variante 3 wäre etwa Lamspringe mit sieben Kilometern oder 280000 Euro dabei, in der Variante 2 Bockenem sogar mit zehn Kilometern oder 400000 Euro oder Holle mit acht Kilometern oder 320000 Euro. Die jeweiligen Bürgermeister locken die Moneten allerdings nach eigenen Angaben nicht – im Gegenteil: "Wenn ich die Trasse für gefährlich halte, akzeptiere ich die Gefahr nicht plötzlich, weil ich Geld dafür bekomme", schimpft der Holler Klaus Huchthausen. "Wir haben 20 Seiten sachliche Bedenken vorgetragen, die lassen wir uns nicht abkaufen." Alles andere, so Huchthausen, "würde zu berechtigter Politikverdrossenheit führen."
Lamspringes Verwaltungschef Wolfgang Pletz äußert sich vorsichtiger, stellt aber klar: "An unserer Grundhaltung ändert das nichts. Man kann ja nicht alles kaufen." Und der Bockenemer Martin Bartölke reagiert auf Anfrage spontan: "Na super!" Dann überschlägt er im Kopf, was ein Fonds jährlich an Zinsen bringen könnte: "12500 Euro im Jahr – das würde kaum für wirkliche Ausgleichsmaßnahmen reichen."
Die Bürgerinitiativen gegen die "Megamasten" haben unterdessen Kritik am Entwurf des neuen "Netzausbau-Beschleunigungsgesetzes" (NABEG) geübt. Die Bürgerbeteiligung werde nicht verbessert, vernünftige Abstandsregeln zu Wohngebieten (derzeit 400 Meter) und für den Landschaftsschutz fehlten. "Wir begrüßen den Ausstieg aus der Atomenergie", betont BI-Sprecher Frank Ebbighausen. Auch sei klar, dass dadurch ein intelligentes Strom-Übertragungsnetz nötig sei. Doch auf dem Weg dorthin mangele es weiter an Transparenz und an der Erforschung "innovativer Techniken beim Netzausbau". Dabei geht es Ebbighausen und seinen Mitstreitern um Alternativen zu den geplanten Freileitungen, also in erster Linie Erdkabel.
In den nächsten Wochen erwarten alle Beteiligten eine Entscheidung des Landes, welche der derzeit fünf möglichen Trassen durch die Region weiter verfolgt werden soll. Die Regierungsvertretung Braunschweig hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Beginn der Sommerferien Anfang Juli ein Ergebnis vorzulegen.
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