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Bauer wirbt für umstrittenes Solarprojekt im Internet / Überlegungen über Alternative Schweinestall
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 06.05.11) Almstedt. Gegen Solaranlagen hat keiner was – normalerweise. In Almstedt jedoch bahnt sich eine neue Runde im Streit um einen geplanten Solarpark an, den Landwirt Henry Tietjen nicht auf seinem Acker bauen darf. Das entschied der Gemeinderat vor einem Jahr, um Rücksicht auf Anlieger zu nehmen. Jetzt hat Tietjen eine Internetseite ins Netz gestellt, die für das umstrittene Projekt wirbt. Damit nicht genug. Stoppt ihn nochmal das politische Veto, denkt er an den Bau einer Schweinemastanlage. Neuer Zündstoff also fürs sonst so beschauliche Almstedt.
"Geh hin, wo du hergekommen bist. Lump" – so wurde der Landwirt, der vor zehn Jahren aus dem Landkreis Rotenburg/ Wümme nach Almstedt kam, schon per Brief von einem Gegner seiner Photovoltaik- Pläne angefeindet. Anonym. Wenn Tietjen davon erzählt, merkt man ihm an, wie verständnislos ihn so etwas macht. Da wettert mittlerweile fast alle Welt gegen Atomstrom, aber er darf keinen sauberen Strom produzieren. "Die Landschaft wird verschandelt" – "Wir haben schon genug mit der ICE-Trasse und Windrädern" – "Der Anblick einer solchen Photovoltaikanlage macht krank" – derlei Proteste schlugen dem41-Jährigen schon entgegen. Eine Bürgerinitiative sammelte zudem230 Unterschriften gegen sein Projekt, das rund vier Hektar in Anspruch nehmen soll. Das entspricht einer Größe von vier Fußballfeldern.
Aber der Bauer will so schnell nicht aufgeben und drei Millionen Euro für die Anlage zusammenkratzen – aus purer Existenznot, um sich für die Zukunft zu wappnen, sagt er. Denn seine Produktionskosten seien immens. "2001, als ich hierherkam, kostete der Diesel 99 Pfennig, jetzt 1,43 Euro." Auch der Preis für Düngemittel habe sich vervielfacht. Und sein Maschinenpark, den er regelmäßig erneuern müsse, treibe die Kosten in enorme Höhen. "Deshalb müssen wir handeln, um auch in kommenden Jahren als Betrieb bestehen zu können", meint Tietjen mit Blick auf seine 37-jährige Ehefrau Marion, mit der er drei Kinder hat. 130 Hektar bewirtschaften sie, bauen Weizen an. Aber mit Ackerbau allein werden sie nicht mehr über die Runden kommen, fürchtet der Bauer. Also sinnt er auf neue Einnahmequellen. "Am liebsten würde ich die Photovoltaikanlage bauen und sie mit Streuobstwiesen und Hecken einrahmen", sagt der Mann, der oft an Anti-Atomkraft-Demos teilnimmt. Darum jetzt der Versuch, Unterstützer durch den Internetauftritt zu gewinnen. "Wir bekommen positive Resonanz. Und auch schon vorher haben sich einige Menschen bei uns gemeldet, gerade nach Fukushima an unseren Plänen festzuhalten", betont Marion Tietjen-Mushardt. Auch sie hofft, im Dialog mit den Almstedtern vielleicht noch eine Lösung zu finden.
Mitspielen muss allerdings die Politik. Ob den Tietjens das im zweiten Anlauf gelingt, ist zweifelhaft. Almstedts Bürgermeister Peter Bernotat hat Bedenken. Jedenfalls bestehe die Möglichkeit, erneut einen Antrag zu stellen. Ein sinnloses Unterfangen? Samtgemeindebürgermeister Hubertus Schneider ist sich nicht sicher, ob vor dem Hintergrund der Katastrophe in Japan die "Stimmungslage" im Almstedter Gemeinderat, das Zünglein an der Waage, ganz anders wäre.
Die Gegner der Solarpläne zeigen sich unterdessen kampflustig. "Wir werden alles machen, um die Anlage zu verhindern", sagt Lothar Eckert, Mitinitiator des Begehrens. Man werde einmal mehr "die Bevölkerung mobilisieren", gibt sich Eckert, Nachbar Tietjens, selbstbewusst. "Der Solarpark hat hier nichts zu suchen, er zerstört das Dorfbild", betont er. Sagt aber zugleich: "Wir haben nichts gegen erneuerbare Energie. Nur: Tietjen kann doch eine Anlage auf den Dächern seines Hofes oder auf einer anderen Fläche errichten." Im Übrigen sei die Sache eigentlich längst entschieden – demokratisch, per Votum des Rates.
Für Tietjen ist die Sache damit allerdings nicht durch, er denkt schon an Alternativen, wenn er sich schon an den Almstedtern die Zähne ausbeißt. Dann will er es eben mit einem Schweinemaststall hinter seinem Hof versuchen. Vielleicht winkt der Landkreis, der Genehmigungsbehörde solcher Projekte ist, den Maststall ja durch. Dass solche Pläne noch heftigeren Widerstand auslösen dürften, nimmt er offenbar in Kauf. "Solche Proteste könnte ich wohl nachvollziehen", sagt Samtgemeindebürgermeister Hubertus Schneider. Und: Einen Schweinestall bauen zu wollen, das könne möglicherweise eine "Drohgebärde" sein. Für Gemeindebürgermeister Bernotat sind solche Überlegungen schlicht eine "Luftblase".
Tietjens Gegner geben sich jedenfalls gelassen. "Er will vielleicht einschüchtern", meint Eckert. "Dies ist gelinde gesagt Erpressung."
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