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Laut neuer Studie sind sie ein Frühwarnsystem für verborgene Belastungen im Boden
(Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 16.01.09) Hildesheim. Wie dicke Vogelnester sehen sie aus – die buschigen Misteln in Baumkronen. Wissenschaftler haben jetzt herausgefunden, dass die Schmarotzerpflanzen darauf deuten, dass an dieser Stelle die Schwermetallbelastung im Boden besonders erhöht ist.
Im Sommer sieht man sie vor lauter Blättern nicht. Aber in Zeiten kahler Äste sind Misteln hoch in der Baumkrone ein echter Hingucker. Das kann man derzeit gut bei Spaziergängern an der Innerste bei Itzum beobachten. Dort sind gerade in der Senke die Pappeln gespickt mit den grünen Untermietern.
"Ein ideales Penthouse für diese Parasiten", vergleicht Dr. Nora Fischer vom Institut für Biologie an der Uni Hildesheim. Warum ausgerechnet an dieser Stelle? Auf diese Standort-Fragen haben jetzt Wissenschaftler vom Braunschweiger Julius-Kühn-Institut eine neue Antwort gefunden. Nach der Studie sind Misteln ein Indikator für belastete Böden. "Dieser kausale Zusammenhang ist erstmals nachgewiesen worden", sagt Biologin Fischer.
Das bedeutet, dass nicht Klimaveränderung oder Luftverschmutzung der Grund für Mistelbefall seien. Der immergrüne Schmarotzer kann sich nämlich nur auf bereits geschwächten Bäumen breit machen. Deren Widerstandsfähigkeit wird durch Schwermetalle im Boden herabgesetzt. Denn Blei, Kupfer oder Zink beeinflussen die Verteilungsprozesse von Wasser und Mineralien über die Wurzeln negativ. Ist der Stamm schlecht versorgt, können sich Misteln in die Rinde bohren und dem Baum obendrein wichtige Nährstoffe abzapfen. Geht das über Jahre hinweg, "blüht" der Baum zwar grün auf, aber mitunter kann das Absterben ganzer Alleen die Folge sein.
In manchen Regionen, beispielsweise Goslar, sind durch die Langzeitwirkung des Bergbaus viele Böden mit Schwermetallen belastet. Die unterirdische Gefahr wird so in 30 oder 40 Meter hohen Bäumen sichtbar: Bereits knapp die Hälfte aller Pappeln in der Harzstadt sind inzwischen Wirte für Misteln. Als Gegenmittel gibt es nur den Radikalschnitt in luftiger Höhe.
"Intakte Gehölze können sich gegen den Befall wehren", erläutert die 57-jährige Botanikerin aus Hildesheim. Zumal ein oder zwei Misteln dem Baum nicht viel anhaben können. Volkstümlich auch Donnerbesen genannt, bevorzugen sie Pappeln, Obstbäume und Nadelhölzer. Nur Buchen und Eichen seien gegen diese Mitbewohner gefeit.
Übrigens: Der Feind des Baumes kann mitunter die Freude der Menschen sein. Denn in vielen Ländern bedeutet es Glück, sich unter einem aufgehängten Mistelzweig zu küssen. Auch wird Mistel-Extrakt in der alternativen Medizin als begleitendes Heilmittel in der Chemotherapie geschätzt.
Und nicht zu vergessen, der gallische Comic-Druiden Miraculix schwört bei seinem Zaubertrank auf Misteln als letztlich wichtigste Zutat. Aber der Magietrunk bewirkt eher eine Entlastung der Schwerkraft und weist höchstens nach Genuss und Kampf mit den Römern auf erhöhte Schwermetallwerte hin – dann allerdings auf dem Boden.
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