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Keine "Rosinen" für private Retter
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 30.11.10) Hildesheim. Stadt und Landkreis Hildesheim wollen den Rettungsdienst vom 1. Januar 2012 an ausschreiben, um den jeweils günstigsten Anbieter zu bekommen. Doch die Dienste, die diese Leistung bisher erbringen, warnen vor diesem Schritt. Sie bieten zusätzlich zum regulären Rettungsdienst Leistungen an, die die Allgemeinheit bisher kein Geld kosten: zum Beispiel den Katastrophenschutz, Stauhilfe oder auch psychologische Betreuung in Krisenfällen. Dies, so argumentieren sie, sei aber nur so lange möglich, wie sich Rettungsdienst und Ehrenämtler gegenseitig förderten.
Die Köpfe vom Deutschem Roten Kreuz, der Johanniter-Unfallhilfe, dem Malteser-Hilfsdienst und dem Arbeiter- Samariter-Bund sind um einen sachlichen Ton bemüht. Aber ihre Botschaft ist dennoch unmissverständlich: Wenn sich am Ende der Ausschreibung günstigere ausländische Anbieter durchsetzen, könnten plötzlich erhebliche Leistungen wegbrechen, die sie bisher noch mit ihren ehrenamtlichen Kräften stemmen. Um Entscheidern aus Stadt, Landkreis und Land zu verdeutlichen, um was es geht, hatten die beiden DRK-Kreisverbände und ihre drei Partner gestern zu einer Art Leistungsschau auf das Gelände des DRK Hildesheim-Marienburg eingeladen.
Dort berichtete unter anderem Horst Harnau von seinen drei Tagen in Bodenfelde. Der ehrenamtliche Johanniter- Helfer betreute nach den Morden Mitschüler der beiden Opfer. Nach der Beisetzung des 13-jährigen Tobias am Sonnabend kümmerte er sich auch um die Rettungskräfte und die Lehrer, die ebenfalls Beistand benötigten.
Neben Harnau präsentierten sich fast 50 weitere Retter und Helfer. Sie hatten Zelte aufgebaut, "versorgten" Plastikpuppen, stelten ihre Maschinen und Gerätschaften aus und erklärten den Rats-, Kreis- und Landtagspolitikern geduldig ihre durchweg ehrenamtliche Arbeit.
Wenn das Szenario eintritt, das die Hildesheimer Rettungsdienste befürchten, wird Harnau, der fast 50 Jahre ehrenamtlich bei den Johannitern arbeitet, demnächst nicht mehr zum Helfen aufbrechen. "Viele dieser Leistungen sind nur über Synergien mit dem Rettungsdienst möglich", sagt Stephan Topp, Geschäftsführer des DRK Hildesheim-Marienburg. Als ein Beispiel nennt er Fahrzeuge oder andere technische Geräte. Oftmals übernehmen die Ehrenamtlichen diese, wenn sie beiden Rettungsdiensten ausgemustert werden. "Wenn aber die Aufträge an die Hilfsorganisationen wegfallen, werden die Ressourcen so nicht mehr zu halten sein", erklärt Björn Menkhaus von der Johanniter-Unfallhilfe. Dann müssten die Stadt und der Landkreis Hildesheim an dieser Stelle einspringen. Schließlich müssten sie, laut Topp, für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen. Die aus den vier Hilfsorganisationen gebildete Arbeitsgemeinschaft verfügt über zusammen 440 ehrenamtliche und 163 hauptamtliche Mitarbeiter.
Jan Czichy, Leiter Rettungsdienst bei der Malteser-Regionalgeschäftsstelle Nord/Ost, berichtete von 36 Ausschreibungen, die er in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern bereits miterlebt und begleitet habe. "34 sind von Verwaltungsgerichten wieder aufgehoben worden." Die Kommune seien auf ihren Vorab-Investitionen in Millionenhöhe sitzen geblieben.
Klaus-Peter Bachmann, SPD-Landtagsabgeordneter aus Braunschweig, warnte davor, dass sich ausländische Anbieter die Rosinen beim Rettungsdienst herauspickten und die Hilfsorganisationen den Rest abzudecken hätten. Das wolle seine Fraktion unbedingt per Landesgesetz verhindern, sagte Bachmann. Einen entsprechenden Antrag habe die die SPD-Fraktion bereits eingebracht. Allerdings sei er noch nicht beraten worden.
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