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Gebühren zu hoch? Oberverwaltungsgericht entscheidet am 15. April über Klagen von Bürgern
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 06.04.11) Harsum. Der jahrelange juristische Streit um die Harsumer Abwassergebühren geht in die nächste Runde. Der Fall wird am 15. April vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg verhandelt. Mehrere Harsumer hatten gegen die Gemeinde geklagt, weil die Schmutzwassergebühren ihrer Ansicht nach zu hoch waren. Das Verwaltungsgericht in Hannover hatte ihnen im Jahr 2008 Recht gegeben, die Gemeinde akzeptierte das Urteil nicht und ging in Berufung.
Es klingt nach juristischer Spitzfindigkeit, ist aber von grundsätzlicher Bedeutung: Wann gilt eine Kanalsanierung als Reparatur, wann als langfristige Erneuerung? Die Klärung dieser Frage entscheidet über die Höhe der Abwassergebühr. Handelt es sich um einzelne Reparaturen, kann eine Kommune die Kosten auf einen Schlag den Bürgern aufbrummen, ansonsten darf sie ihnen jährlich nicht mehr als 7,5 Prozent der Summe in Rechnung stellen. Die Abwassergebühren würden somit weniger stark steigen.
Der Auslöser für den Rechtsstreit liegt mehr als sechs Jahre zurück. Damals hatte die Gemeinde Harsum viel Geld in die Sanierung der Abwasserkanäle gesteckt. Für rund eine Million Euro sind in allen Ortsteilen beschädigte Rohre mit dem sogenannten "Inliner"-Verfahren geflickt worden. Dabei werden neue Rohrstücke aus Kunststoff in die undichten Stellen der alten Leitungen geschoben. Die Gemeinde hatte das als "punktuelle" Reparaturen gewertet und die Kosten in voller Höhe jeweils in dem Jahr umgelegt, in denen sie anfielen.
Christian Knieke aus Asel ging das gegen den Strich. Der Ratsherr der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) legte Klage gegen die Abrechnungspraxis ein, mehrere Einwohner der Gemeinde schlossen sich ihm an. Ihrer Meinung nach hätte das Rathaus die Kosten nur schrittweise, verteilt über mehrere Jahre, auf die Gebührenzahler umlegen dürfen. Die Sanierung des Rohrnetzes sei flächendeckend gewesen und habe dessen Wert gesteigert. Davon profitierten auch künftige Einwohner von Harsum – warum also sollten ausschließlich die jetzigen Bürger die Zeche zahlen?
In drei Verhandlungen befasste sich das Verwaltungsgericht in Hannover mit dem Gebührenstreit. Im April 2008 gab es den Klägern schließlich Recht. Die Urteilsbegründung: Die Gemeinde habe alle gravierenden Schäden im Kanalnetz in einem Rutsch behoben und die Arbeiten zusammen ausgeschrieben. "Das waren keine einzelnen Reparaturen", erklärte Richterin Arietta Döpp.
Die Gemeinde gab sich damit nicht zufrieden, sie focht das Urteil an und ging in die nächste Instanz. Immerhin: Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg ließ den Harsumer Berufungs-Antrag zu. Nach Ansicht des OVG bestehen ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des vorangegangenen Urteils. Genährt wird die Skepsis durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Würzburg, das in einem ähnlich gelagerten Fall zugunsten der beklagten Kommune entschieden hatte.
Bis zu einer endgültigen gerichtlichen Klärung hat die Gemeinde Harsum ihre Abwassergebührenbescheide mit dem Zusatz der "Vorläufigkeit" verschickt. Sollte sie auch vor dem OVG unterliegen, hielten sich die Folgen für die Gemeindekasse zunächst in Grenzen, es wären lediglich einer Handvoll von Klägern die zu viel gezahlten Gebühren zurückzuzahlen. Allerdings müsste sich das Rathaus auf weitere Klagen einstellen.
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