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Streben nach Führungsrolle im Westkreis lässt Nachbarn wie Elze aufmerken
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 14.05.11) Von Tarek Abu Ajamieh Gronau/Elze. Einerseits Partner, andererseits Konkurrenten – das Verhältnis der Nachbarstädte Gronau und Elze ist derzeit durchaus kompliziert. Gronau drängt darauf, führender Ort im Westkreis zu werden und baut Schulen und Märkte aus, Elze beobachtet das mit Skepsis. Obwohl beide Städte vielleicht bald unter dem Dach einer gemeinsamen Kommune stehen.
Zwei Großprojekte verfolgen die Verantwortlichen in Gronau aktuell: Die Erweiterung des Schulzentrums läuft auf vollen Touren. Zudem plant die Verwaltung in Gronau ein großes Fachmarktzentrum mit dickem Edeka- Markt im Westen der Stadt. Das ist zwar auch vor Ort noch umstritten, doch die Absicht ist klar.
Samtgemeindebürgermeister Rainer Mertens unterstreicht seine Ambitionen mit robuster Rhetorik. Gronau sei nun einmal "das Zentrum zwischen Alfeld und Hildesheim", begründete er die Pläne für das Einkaufszentrum. Es gehe darum, Kaufkraft in Gronau zu halten. Und beim Thema Schulen betonte er, Ziel sei, "das Abitur in Gronau zu ermöglichen". Beides sei wichtig, um die Stadt als Wohn- und Wirtschafts- Standort auf Dauer zu erhalten und dem steten Absinken der Einwohnerzahl zu begegnen. Überdies sei das offenbar Wunsch der Eltern: "Ihr Wille entscheidet, die Anmeldezahlen sprechen für uns."
Besonders das "Zentrum zwischen Alfeld und Gronau" sorgt für Erstaunen bei einem Amtskollegen und SPD-Parteifreund, mit dem sich Mertens eigentlich gut versteht. Elzes Rolf Pfeiffer:" Gronau ist ein Grundzentrum wie Nordstemmen und Elze, aber die Pläne haben natürlich Folgen für die Nachbarkommunen. Das zieht Kaufkraft von uns ab."
Da lohnt ein Exkurs in die Sprache der Raumplaner. Eigentlich gibt es im Landkreis ein "Oberzentrum", Hildesheim selbst. Sarstedt und Alfeld dürfen sich "Mittelzentren" nennen. Sie "dienen als Anlaufpunkt für die Versorgung an Waren, Dienstleistungen und Infrastrukturangeboten, die die umgebenden Grundzentren nicht leisten können", heißt es in einer amtlichen Definition. Da kann es um größere Märkte ebenso gehen wie um weiterführende Schulen, Krankenhäuser, Fachärzte oder Verkehrsanschlüsse. Beispiel Sarstedt: Bahnhof, Straßenbahn und Gymnasium ziehen auch Bewohner von Nachbargemeinden an.
Und Gronau? Strebt offenbar eine solche Rolle für den Südwestkreis an, ob amtlich definiert oder nicht. Anders lassen sich Mertens‘ Aussagen und seine Politik nicht verstehen. Zugleich strebt er am schnellsten von allen Samtgemeinde-Chefs die Einheitsgemeinde an, um Entscheidungen zu beschleunigen und für anstehende Fusionen gerüstet zu sein.
Gemeinde-Fusionen im Blick
Das ist der nächste Punkt. Dass in den nächsten Jahren die Samtgemeinde ausgedient hat und manche der 18 Kommunen im Landkreis zu größeren Einheiten fusionieren, steht für die Bürgermeister der Region fest. Längst laufen Gespräche über mögliche neue Partnerschaften. Und zumindest ein Bürgermeister im Südkreis geht davon aus, dass es in zehn Jahren eine Gemeinde gibt, die aus Gronau, Elze und Duingen besteht. Gronau wäre von den Einwohnern (14000) dabei die stärkste Kraft, gefolgt von Elze (9000) und Duingen (5500).
Elzes Bürgermeister Rolf Pfeiffer hält das noch nicht einmal für abwegig: "Wir müssen uns alle Gedanken machen." Doch aus ihm spricht auch die Sorge vermutlich vieler Geschäftsleute in Elze – würde ein Kraftzentrum Gronau den Rest der Region an die Wand drücken? Was zum Beispiel Duingens Verwaltungschef Wolfgang Schulz weniger skeptisch sieht: "Dann würde man mit Märkten, Schulen und allem anderen gemeinsam planen und die Auswirkungen auf alle berücksichtigen, ich sehe da keinen Konflikt."
Skeptisch sieht Pfeiffer dabei die Rolle des Landkreises: "Wenn in Gronau ein solches Fachmarktzentrum möglich wäre, aber bei uns nicht, hätte ich dafür wenig Verständnis." Vergleichbare Pläne am CJD-Jugenddorf habe der Kreis vor einigen Jahren abgeblockt. "Es ist schwer, die einzelnen Kommunen so pauschal miteinander zu vergleichen", hält Jürgen Flory von der Raumordnung des Landkreises dagegen. "Elze ist schon gut versorgt, Gronau hat Nachholbedarf."
Auch beim Thema Schule hadert Pfeiffer: "Ob es richtig ist, in Gronau so viel zu investieren, wenn in der Krüger- Adorno-Schule Räume leer stehen? Na ja." Allerdings gibt er sich in Sachen Bildungsstandort selbstbewusst: "Die Kooperation zwischen Krüger-Adorno und der Christophorus- Schule schreitet voran, Abitur kann man in Elze dank des CJD ohnehin machen. Da ist mir nicht bange." Zumal das örtliche Projekt Lehrmittelfreiheit die Attraktivität ebenso erhöhe wie ein geplantes Baukindergeld.
So bleibt das Dilemma: einerseits gute Nachbarschaft mit Kooperationen etwa beim Material-Einkauf – andererseits unterschiedliche Strategien im Kampf mit dem demografischen Wandel, die Gronau und Elze fast zwangsläufig zu Konkurrenten machen. Insofern treffen die Verantwortlichen derzeit immer wieder lokale Jahrzehnt-Entscheidungen.
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