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Friedlicher Protest an der Bahnbrücke begleitet den Atommüll-Transport / Hildesheimer Greenpeace-Gruppe in Dannenberg
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 28.11.11) Kreis Hildesheim. In Sekundenschnelle rollte die giftige Fracht vorbei: Der Castor-Zug ist am Sonnabend auf seinem Weg nach Gorleben auch durch die Region gefahren – begleitet von Protesten. An einer Eisenbahnbrücke kurz vor dem Nordstemmer Bahnhof demonstrierten etwa 50 Menschen gegen den Atommülltransport, der bis gestern so lange wie noch nie unterwegs war. Die Aktion in Nordstemmen verlief friedlich. Ein Polizei-Aufgebot, das mit fünf Bullys und scharfen Hunden angerückt war, hatte die Brücke für Fußgänger und Radler vorübergehend gesperrt. Am Samstagvormittag zogen die Beamten schon wieder ab. Ihr Ziel: Dannenberg, um die Kräfte dort zu verstärken.
"Noch fünf Minuten, dann kommt er", schallt es aus dem Funkgerät eines Polizisten. Er, das ist der Castorzug, der bundesweit zehntausende Demonstranten mobilisiert. Etwa 50 Gegner des Transports treffen sich auch in Nordstemmen, um an der Bahnbrücke ihrem Unmut Luft zu machen. Um gegen die Atomlobby zu demonstrieren, die wohl kaum zum letzten Mal Nuklearmüll durchs Land transportieren lässt. Da ist sich Jan Gadesmann ganz sicher. "Wir werden für dumm verkauft", schimpft der 28-jährige Rössinger, der Castorgegnern gehört. Jeden Augenblick rechnen sie mit dem Zug, der wieder durch Nordstemmen unterwegs sein wird. In der Nähe der Gruppe stehen die Polizeibullys. In einem warten zwei Hunde, sie bellen, die Tiere sind nervös.
Dann, um 10.46 Uhr, nähert sich ein dunkler Helikopter der Brücke in der Nähe des Nordstemmer Bahnhofes. Der Hubschrauber ist der Vorbote der heißen Fracht auf Schienen. Mit aufgeblendetem Scheinwerfer fliegt er in geringer Höhe kurz vor der Lok.
Der Himmel ist jetzt düster, ein kalter Wind pfeift über die Brücke, auf der ein paar Polizisten stehen und die Protestaktion beobachten. Die Beamten müssen verhindern, dass jemand die Gleise betritt. Dann rauscht der 600 Meter lange Zug heran. Waggon um Waggon wischt vorbei, einer der Castorbehälter ist mit roten Farbflecken übersät, eine Reservelok fährt am Schluss des 2500 Tonnen schweren Transports. Einen Moment später ist es wieder still, der Spuk vorbei. Der Verkehr rollt über die Brücke, so als wäre nichts gewesen.
Langsam packen die Demonstranten ihre Fahnen und Schilder wieder ein. "Das war ein gespenstisches Gefühl", sagt Holger Schröter-Mallohn. Der grüne Kreis-Politiker zählt ebenfalls zu den Demonstranten. Auch wenn sie nicht solch eine gewaltige Schar sind wie ihre Mitstreiter im Wendland, sie geben sich zufrieden. "Wir sind mehr als die Polizei hier", lacht Jan Gadesmann. Und Hauptsache keine Gewalt: Darauf kam es Organisator Lutz Loebel an, Chef des Gemeindeverbandes der Grünen.
Dass es friedlich zugeht, ist auch gut für die Polizei. "Eine nette Gruppe", sagt Einsatzleiter Bernd Steindamm. Der heutige Job ist ohnehin ganz easy für ihn. Er muss es wissen, der Polizist hat schon hunderte Demos erlebt. "Das hier ist ein kleiner Auftrag." Also einer ohne Gewaltszenen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, brennenden Autos und beschädigten Schienen.
Die Polizei hat alles unter Kontrolle, die Durchgangsstrecke Nordstemmen gilt sowieso nicht als gefährliches Pflaster. Normalerweise. Dann gibt es doch Ärger. Zwei junge Frauen hatten sich anscheinend den Schienen genährt. Die Polizisten wollen ihre Personalien kontrollieren. "Nein, das mache ich nicht", sagt eine der Frauen. "Dann durchsuchen wir sie." Es gibt ein kurzes Gezerre.
Der Einsatzleiter greift ein, beruhigt die Situation. Die Frauen dürfen durch.
Auch die anderen Demonstranten machen sich auf den Heimweg. Die letzten Utensilien werden in Autos gepackt, die gelbe Atomtonne wird verstaut, selbst ein Geigerzähler. Und all das werden die Atomkraftgegner kaum einmotten.
Rentner Peter Körner aus Nordstemmen, der zufällig zu der Protestaktion gestoßen war, vermutet, dass die "Kasperei mit Endlagern" weitergehen könnte. Da macht sich auch Holger Schröter-Mallohn nichts vor. Wenn es sein muss, werden sie wieder in Nordstemmen demonstrieren – oder anderswo.
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