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Aus dem Leben eines Migrantenkindes: Teresa kommt aus Afrika und kämpft für ihre Zukunft
(Quelle: Hildeheimer Allg. Zeitung, 07.02.09) Hildesheim. Die Wohnung ist blitzblank geputzt, kein Staubkorn auf dem gläsernen Tisch, keine Flusen auf dem Boden. Die Möbelstücke im Wohnzimmer sind zusammengewürfelt, dunkles und helles Holz, Spanplatte, Polstergarnitur. Unbehaglich ist es trotzdem nicht: Von den Wänden lachen Kindergesichter. Noch ganz jung oder im Schulalter, herausgeputzt für den Fotografen, Schnappschüsse aus dem Sommer. Auf dem Tisch stehen Aprikosenkuchen und Kaffee. Das Zuhause von Familie Perreira (alle Namen von der Redaktion geändert) ist ein warmer Ort, auch wenn die Wohnung an einer viel befahrenen, trüben Straße in der Nordstadt liegt.
Teresa Perreira (16) lebt hier gemeinsam mit ihrer Mutter Rita (44) und einem ihrer zwei älteren Bruder. Seit zehn Jahren ist die Familie in Hildesheim. Teresa lebt gern hier, sehr gern. "Ich liebe Deutschland und alles Deutsche", sagt sie. Rita Perreira ergänzt: "Wir haben hier ein besseres Leben." Besser als in Guinea-Bissau, dem kleinen Land an der westafrikanischen Küste, das sie vor zehn Jahren, mitten im blutigen Bürgerkrieg, verlassen haben. Die Mutter allein mit ihren drei Kindern, der Vater war im Krieg gestorben. Mit dem Schiff ging es zuerst nach Lissabon, Zwischenstation im Auffanglager, dann mit dem Bus nach Deutschland. Endstation: Hildesheim.
Sechs Jahre alt ist Teresa, als ihr neues Leben begann. Sie hat damals zu kämpfen und sie kämpft noch heute. "Manchmal denke ich, dass ich in der Schule ungerecht behandelt werde. Dass es schon an meiner Herkunft und meiner Hautfarbe liegt", sagt die 16-Jährige. Als sie 1998 in Hildesheim ankommt, kann sie kein Wort Deutsch sprechen, die Kinder im Kindergarten fragen, warum sie denn so schwarz ist. Teresa kommt in die Sonderschule. Aber nur wegen der schlechten Sprachkenntnisse, betont sie. "Dumm bin ich ja nicht", sagt sie, trotzig und stolz. Die Augen blicken skeptisch, die Jugendliche wechselt mühelos vom Deutschen ins Portugiesische und wieder zurück. Teresa geht in die neunte Klasse einer Hauptschule, ihr Traumberuf ist Krankenschwester. Eigentlich hat sie keine Probleme in der Schule, Geschichte und Kunst sind ihre Lieblingsfächer. Eigentlich. Nur manchmal, da rastet sie aus, ist aufbrausend, wird schnell aggressiv. Das hat auch ihre Lehrerin gemerkt und hat Teresa daraufhin in die Erziehungsberatungsstelle der Caritas geschickt. Einmal war sie da. "Das hat schon gut getan."
Rita Perreira erzählt, es sei sehr schwer gewesen am Anfang. Das Leben im Asylbewerberheim, sie muss drei Kinder versorgen, kann die Sprache nicht, hat keine Arbeit. Niemand hilft ihr damals. Teresa und ihre Brüder haben oft Ärger in der Schule. Im Jahr 2002, Teresa ist zehn, rutscht der Mutter während eines Streits die Hand aus, sie schlägt ihre Tochter. Eine Lehrerin bemerkt den blauen Fleck, Teresa kommt für drei Monate in ein Kinderheim. "Die schlimmste Zeit meines Lebens", sagt die Schülerin.
Heute hat Teresa Freunde gefunden, zieht nachmittags mit ihrer Mädchen-Clique durch die Stadt. Ihre besten Freundinnen sind ebenfalls nicht aus Deutschland. Das verbindet. Aber sie haben Teresa etwas voraus: Sie besitzen eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Seit zehn Jahren sitzt der Familie die Angst im Nacken. Sie wird geduldet, immer für sechs Monate, immer wieder muss neu beantragt. Dass sie abgeschoben werden könnte, wurmt Teresa sehr. "Wie soll ich mir da denn meine Zukunft aufbauen? Das macht mir schon große Angst." Ihre Mutter, die früher einmal in einer Bank gearbeitet hat, kann nicht einmal als Aushilfe etwas dazu verdienen. Einkaufen geht sie mit Gutscheinen, jedes Familienmitglied erhält ein Taschengeld von 40 Euro. Das ist nicht viel, muss aber reichen im Monat. Man dürfe das nicht falsch verstehen, sagt Rita Perreira, sie will sich ja gar nicht beklagen. "Aber immer mit der Angst zu leben, das belastet."
Teresa möchte die Schule gut beenden, in manchen Fächern muss sie sich noch ordentlich anstrengen. Das weiß sie. Wie es dann weitergeht? Die Duldung endet Mitte Mai. Dann muss die Familie weitersehen. Teresa würde sich wünschen, dass Migrantenkinder mehr Aufmerksamkeit bekämen. "Aber nicht nur deswegen, weil sie Schwarzköpfe sind. Die sollen alle gleich behandelt werden."
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