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Öko-Partei erreicht bei HAZ-Umfrage 21 Prozent / Meinungsforscher sehen "Entfremdung" zwischen Parteien und Bürgern
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 14.05.11) Hildesheim. Man konnte sie in den vergangenen Tagen fast mit den Händen greifen, die Neugierde mancher Politiker: Wie gut oder schlecht wird wohl meine Partei bei der forsa-Umfrage der HAZ zur Kommunalwahl abschneiden?
Heute gibt es die Antworten. Und die dürften fast allen Parteien nicht so richtig schmecken. Denn wenn die Hildesheimer bereits am Sonntag den neuen Stadtrat wählen würden, müssten beinahe alle derzeit dort vertretenen Gruppen Federn gegenüber 2006 lassen – und zwar durch die Bank, von CDU über SPD und Bündnis! bis zur FDP. Großer Gewinner wären die Grünen: Sie nähmen dem Bündnis! den dritten Platz in der Hackordnung ab und wüchsen zudem fast auf Augenhöhe mit den Platzhirschen CDU und SPD an.
Die Öko-Partei sammelt ein, was die anderen an Zuspruch verlieren. 21 Prozent hat forsa für die Grünen ermittelt – das sind satte zehn Prozentpunkte mehr als bei der vergangenen Wahl. Wo dieser Zuwachs herkommt, lässt sich aus der Umfrage ganz klar ablesen.
Allein vier Prozentpunkte weniger als 2006 erreicht die CDU: Sie landete damals bei 32 Prozent und wurde damit stärkste Partei vor der SPD. Zurzeit würden nur 28 Prozent der Wahlberechtigten ein Kreuz bei den Christdemokraten machen, sie verlören dadurch ihren Spitzenplatz an die Sozialdemokraten: Diese haben bei der forsa-Umfrage 29 Prozent eingefahren. Das wäre zwar ein Prozentpunkt weniger als vor fünf Jahren, gleichwohl stünde die SPD in der Hildesheimer Wählergunst am höchsten dar.
Die gute Nachricht für das Bündnis! lautet: Die Wählergruppe, die immer wieder ihren Status als Nicht-Partei betont, hat sich offenkundig in der Hildesheimer Politik-Landschaft etabliert. Die 14 Prozent an Zustimmung aber, die forsa für die Gruppierung ermittelt hat, kann deren Verantwortlichen eigentlich dennoch nicht so recht gefallen. Schließlich liegt der Wert um drei Prozentpunkte unter dem Bündnis!-Ergebnis von 2006.
Auf Verluste müsste sich, falls schon an diesem Sonntag gewählt würde, auch die FDP einstellen. Die Liberalen erreichen bei der Umfrage zwei Prozent, sie blieben damit um rund 2 Prozentpunkte unter dem Resultat von vor fünf Jahren.
Die Schuld daran könnte eher auf Bundesebene zu suchen sein, der Absturz der FDP bei deutschlandweiten Erhebungen ist bekanntermaßen gewaltig – vielleicht ein Trost für die Hildesheimer Liberalen, wenn auch ein schwacher. Auch der Boom bei den Grünen ist vermutlich nicht nur auf deren Arbeit in Hildesheim zurückzuführen: Die Anti-Atom-Stimmung hat der Partei jüngst das erste Ministerpräsidenten- Amt beschert.
Was könnten CDU und SPD aus den Zahlen für Schlüsse ziehen? Vielleicht den, dass sich ihre politische Anti-Machens- Ehe in den vergangenen fünf Jahren nicht ausgezahlt hat – und dass auch die Hildesheimer Wähler bei allen möglichen Gemeinsamkeiten der beiden "Großen" ein jeweils eigenes Profil sehr wohl zu schätzen wissen. Was wiederum der Grund sein könnte, warum das Bündnis! mit 14 Prozent gar nicht so schlecht wegkommt. Vielleicht hat dabei auch geholfen, dass die Wählergruppe hin und wieder auch mal auf Distanz zu ihrer einstigen Ikone Kurt Machens geht und beileibe kein OB-Wahlverein mehr ist.
Und was ist mit der BAH, die inzwischen mit dem Zusatz die "Unabhängigen" firmiert? Und mit der Linken? Beide tauchen in der Umfrage nicht explizit auf, weil die Untersuchung nur jene Parteien abbildet, die zurzeit im Rat vertreten sind. Zwar hatten die Hildesheimer 2006 sowohl der BAH als auch der Linken jeweils einen Sitze beschert. Doch weil die gewählten Ratsmitglieder mittendrin das Lager wechselten, gehören beide Gruppen derzeit nicht zur Rathausrunde. Ihre Anhänger finden sich in der Umfrage daher unter der Position "Sonstige" wieder. Sie macht immerhin sechs Prozent aus – was den Schluss zulässt, dass es für die Unabhängigen und die Linken durchaus noch einiges an Potential geben könnte.
Das gilt generell für alle Parteien, die am 11. September um Mandate im Rat kämpfen. Zum einen gibt es angesichts der Größe der Stichprobe von 500 Befragten theoretisch eine geringe Abweichung. Zum anderen aber dürften die Zahlen der Umfrage keinesfalls als sichere Stimmen interpretiert werden, betont forsa-Chef Prof. Manfred Güllner: "Es handelt sich um die augenblickliche politische Stimmung in Hildesheim."
Und noch etwas sollten die momentanen Gewinner und Verlierer bedenken: Wie forsa herausgefunden hat, ist sich zurzeit nur etwas mehr als ein Drittel der Wahlberechtigen darüber im klaren, ob sie im Herbst an der Wahl teilnehmen beziehungsweise für welche Partei sie stimmen. Oder anders angesagt: Rund zwei Drittel wissen noch nicht, wie sie sich verhalten, sagt Dr. Peter Matuschek, Leiter der Sozial- und Medienforschung bei forsa. Das Institut hat dafür eine Erklärung, die allen Parteien zu denken geben sollte, also auch vermeintlichen Wahlgewinnern in spe wie den Grünen: Die renommierten Meinungsforscher aus Berlin sehen in der Unsicherheit der Wähler "einen Hinweis auf die tiefe Entfremdung in Hildesheim zwischen den Parteien und den Bürgern". Darauf deuteten auch andere Aussagen der Untersuchung.
Diese werden von nun an in den kommenden zwei Wochen nahezu täglich in der HAZ zu lesen sein.
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