Der Landkreis spart beim Strom

Der Landkreis Hildesheim bekommt seinen Strom in den kommenden beiden Jahren 20 Prozent günstiger als bisher. Für die Bürger eine Medaille mit zwei Seiten: Als Steuerzahler können sie sich über die Ersparnis freuen, als private Stromverbraucher neidisch sein. Offenbar hat der Landkreis einen guten Zeitpunkt für seine Ausschreibung abgepasst.

Geschickte Taktik: Kurzfristige Ausschreibung drückt die Preise um 20 Prozent / 230 000 Euro weniger pro Jahr

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 10.09.10) Kreis Hildesheim. Der Landkreis Hildesheim bekommt seinen Strom in den kommenden beiden Jahren 20 Prozent günstiger als bisher. Für die Bürger eine Medaille mit zwei Seiten: Als Steuerzahler können sie sich über die Ersparnis freuen, als private Stromverbraucher neidisch sein. Offenbar hat der Landkreis einen guten Zeitpunkt für seine Ausschreibung abgepasst.

Alles wird teurer, Strom sowieso, und in den öffentlichen Kassen herrscht gähnende Leere. Derartige Nachrichten bestimmen derzeit das Bild. Doch beim Landkreis Hildesheim haben sie zumindest einen Grund, sich die Hände zu reiben. Durch eine geschickte Ausschreibungs- Taktik zahlt die Behörde in den Jahren 2011 und 2012 bei gleichem Stromverbrauch rund 460 000 Euro weniger für Strom, also eine knappe Viertelmillion pro Jahr. Dabei geht es um alle Gebäude des Landkreises, darunter viele Schulen, insgesamt 36 Anschlüsse.

Die aktuellen Preise hatte der Landkreis im Jahr 2008 ausgehandelt. Auch damals hatte er eine Auktion gestartet. Damals lagen allerdings zwischen Auktion und Zuschlagserteilung mehrere Wochen. Für die Stromanbieter hieß das: Sie mussten sehr stark spekulieren, zu welchem Preis sie die Energie wohl an der Leipziger Strombörse würden kaufen können – entsprechend rechneten sie Sicherheitsaufschläge ein. Überdies machten mit einer Bietergemeinschaft aus Energieversorgung Hildesheim (EVI), e. on Avacon, ÜWL und Stadtwerken Bad Salzdetfurth sowie dem Ökostrom-Anbieter Lichtblick nur zwei Anbieter mit, das lokale Konsortium bekam den Zuschlag.

Nur zwei Bieter, wenig Wettbewerb, ein mäßiger Preis – das brachte Fachdienstleiter Eckhard Speer und seine Mitarbeiter ins Grübeln. Eine schnellere Auktion musste her. Und tatsächlich gab es zwei Jahre später neue Möglichkeiten. Eine Online-Auktion über nur vier Stunden. In der ersten Stufe gibt der Energieversorger ein Gebot ab. Er erfährt danach, auf welchem Platz er liegt – allerdings nicht, wie viele Mitbewerber er hat. Danach können die Anbieter noch einmal eine neue Zahl nennen. Aufgrund der Schnelligkeit der Auktion können sie sich tagesaktuell an den Kursen der Leipziger Strombörse orientieren. Der Landkreis suchte sich für die Online-Auktion einen Tag mit vergleichsweise niedrigen Strompreisen aus und ermöglichte den Unternehmen so niedrigere Preise.

Eine Möglichkeit, die dem Privatkunden verschlossen bleibt. "Bei so großen, einmal ausgeschriebenen Mengen ist der Zeitpunkt sehr wichtig", erklärt ÜWLGeschäftsführer Dr. Hanns-Eberhard Liebing. "Den Strom für die Privatkunden kaufen wir in mehreren Tranchen übers Jahr und geben am Ende eine Art Durchschnittspreis weiter." Bei so einer Großbestellung kaufen wir an einem Tag die Menge für zwei Jahre, da kann es beim Preis Ausschläge nach oben wie nach unten geben." Anders ausgedrückt: "Hätte der Landkreis den falschen Zeitpunkt gewählt, hätte der Strom auch deutlich teurer werden können."

Wurde er aber nicht. Rund 5,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr nimmt der Landkreis ab und bezahlt dafür rund 940 000 Euro pro Jahr. 2009 und 2010 war es deutlich über eine Million. Das Rennen bei der Auktion machte wieder eine lokale Bietergemeinschaft: EVI, ÜWL und Stadtwerke Bad Salzdetfurth beliefern den Landkreis auch in den nächsten zwei Jahren. "Die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Anbieter kann sich sehen lassen", freut man sich im Kreishaus. Der Landkreis bezahlt dann 17,2 Cent pro Kilowattstunde. Industrie-Unternehmen mit ähnlich hoher Abnahme, aber weniger Anschlüssen bekommen die Energie noch günstiger. Der durchschnittliche Privatmann muss rund 22,2 Cent auf den Tisch legen. Für ihn sind die Preise in den vergangenen beiden Jahren um fünf bis zehn Prozent gestiegen.

E.on Avacon ist diesmal nicht dabei. Der Helmstedter Energieversorger mit Wurzeln in der Region hatte sich diesmal aus der Bietergemeinschaft ausgeklinkt und war auf eigene Faust ins Rennen gegangen, hatte den Zuschlag allerdings nicht bekommen. Landkreis-Mitarbeiter vermuten, die Privatkunden-Werbung der EVI im Landkreis auf Kosten der e.on Avacon habe die Helmstedter bewogen, die Kooperation aufzukündigen – was Avacon-Vorstand Dr. Thomas Menze so nicht bestätigen will: "Mal passt es, mal passt es nicht."

Im Endeffekt guckte er ebenso in die Röhre wie zwei weitere Bewerber, die Stadtwerke Schwerin und der Ökostrom- Anbieter "Lichtblick".

Aktuell läuft die Ausschreibung für Erdgas. Dort hofft der Landkreis sogar auf noch größere Ersparnisse.

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Haushalt und Finanzen | Kreisangelegenheiten

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