BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kreisverband Hildesheim

"Das gefährdet unsere Freiheit"

Mit massiver Kritik an der Bundestagsabgeordneten Brigitte Pothmer (Grüne) und an Teilen des Bündnisses gegen Rechts hat Oberbürgermeister Kurt Machens seine Entscheidung verteidigt, auf ein Verbot des Neonazi-Aufmarsches zu verzichten.

Machens verteidigt Verzicht auf Verbot des Aufmarsches / Streetparade mit Musik-Minuten

(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 02.06.10) Hildesheim. Mit massiver Kritik an der Bundestagsabgeordneten Brigitte Pothmer (Grüne) und an Teilen des Bündnisses gegen Rechts hat Oberbürgermeister Kurt Machens seine Entscheidung verteidigt, auf ein Verbot des Neonazi-Aufmarsches zu verzichten. Zu Beginn einer Informationsveranstaltung des Landesamtes für Verfassungsschutz im Rathaus trat er mit ernster Miene ans Mikrophon im Rathaus und äußerte Unverständnis über Pothmer. "Sie müsste als Verfassungsorgan auf dem Boden der Verfassung stehen", sagte er. Es gebe ein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. "Wer für Freiheit an dieser Stelle auch für die Andersdenkenden nicht eintritt, der gefährdet auch unsere Freiheit."

Eine Blockade des Aufmarsches, wie er in Kreisen der Neonazi-Gegner geplant wird, hält Machens für inakzeptabel. "Eine solche Blockade zwingt Polizeibeamte, sich körperlicher Gewalt auszusetzen." Wer so etwas fordere oder fördere, sagte er und schaute die DGB–Vorsitzende Regina Stolte direkt an, "der darf sich nicht wundern, wenn er eine Vorladung bekommt, um zu erklären, warum er das tut."

In der Veranstaltung, die allerdings nur das Interesse von rund 35 Bürgern fand, erläuterten Experten des Verfassungsschutzes und der Polizei die rechtsradikale Szene. Sie wiesen auch darauf hin, dass die rechte Szene den Hildesheimer Aufmarsch offenbar nicht für besonders bedeutsam hält: Gleichzeitig finden nämlich der NPD-Bundesparteitag in Bamberg und das Sachsentreffen mit dem Auftritt zahlreicher Skinhead-Bands statt.

Die Sprecherin des Landesamtes aus Hannover, Maren Brandenburger, warnte vor einem breiten Fundament an Vorurteilsstrukturen in der Gesellschaft. Sie forderte eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den rechten Jugendlichen. "Geborgenheit und Sicherheit, die die in der Gruppe suchen, gibt es auch in der Demokratie." Von Gegendemonstranten wünschte sie sich die Erkenntnis, dass nicht jeder antifaschistische Protest auch ein demokratischer sei.

Mündlich hat die Stadt gestern dem Arbeitskreis gegen rechts mitgeteilt, dass sie den neu geplanten Weg der Demonstration nicht genehmigt. Das Bündnis wollte, wie berichtet, als Zeichen der Solidarität mit der Nordstadt am Bahnhof vorbei und durch die Bischof-Janssen-Straße ziehen. Ein solcher Weg würde auch die Veranstaltungen und den Weg zum Michaelisfest weniger stören. Die Stadt beharrt aber auf dem genehmigten Weg vom Angoulême- zum Hindenburgplatz und zurück. Das Bündnis tagt heute Abend und berät, ob es gegen diesen Bescheid juristisch vorgehen soll.

Verärgert zeigt sich die DGB-Vorsitzende Regina Stolte über Machens‘ Äußerungen: Sie habe nie zur Blockade aufgerufen und hält es für "einen dicken Hammer", sie in die Nähe von Verfassungsfeinden zu rücken.

Enttäuscht von der Stadtverwaltung zeigt sich auch die "Projektgruppe 2.0 – Engagement und Bildung in der Jugendarbeit", die vom Sozialministerium Hannover gefördert wird. Die Studenten und Schüler veranstalten am Freitag von 18 Uhr an eine "Streetparade" vom Hindenburgplatz aus durch die Stadt, um gegen den rechten Aufmarsch zu protestieren. Die Stadt hat den Veranstaltern die in Hildesheim üblichen (und vom DGB kritisierten) Auflagen gestellt, die in diesem Fall vor allem die Musik betreffen. Hintergrund: Genehmigt werden jeweils nur fünf Minuten Musik, dann fünf Minuten Pause, und so weiter. Die Regelung, erläutert die Stadt-Sprecherin Marion Dobias, solle politische Demonstrationen von anderen Veranstaltungen scheiden - die wären dann nämlich eine Sondernutzung und gebührenpflichtig.

"Das ist ein dicker Brocken, der uns im Wege liegt", sagt der Sprecher Thomas Fischer. Denn eine Streetparade ohne Musik sei doch ungewöhnlich. Namhafte DJs aus der Region wollen die Musik auflegen, rund 200 Teilnehmer werden erwartet. Fischer: "Da sagt man immer, die Jugendlichen sollen sich gegen Rechts engagieren. Und wenn sie das tun, kommen solche Auflagen."

Kategorie

Rechtsextremismus

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