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Initiative aus dem Innerstetal will sich gegen "massiven Eingriff" in die Natur weiter wehren / "Es geht um Lebensqualität"
(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 03.02.09) Heersum. Die Bürgerinitiative (BI) gegen den geplanten Kiesabbau bei Heersum rüstet sich, um das Projekt zu stoppen. "Strategische Grundstückskäufe" und die Gründung einer Stiftung sind vorgesehen. Die soll Geld zur Finanzierung von Gutachten gegen das Vorhaben zusammentragen. Auch Aspekte des Natur- und Hochwasserschutz sprechen laut BI gegen den Abbau.
Eine durch ein Kieswerk verschandelte Landschaft, täglich Schwerlastverkehr und schädlicher Feinstaub, der besonders Kindern zusetzt: All das befürchtet die "Bürgerinitiative für ein lebenswertes Innerstetal", die sich vergangenen Herbst gegründet hat. "Es geht um Lebensqualität sowie um massive Eingriffe in die Natur", erklärt Dr. Christoph Klimmt. Der 33-jährige Kommunikationsprofessor lebt seit fünf Jahren mit seiner Ehefrau Tanja (40) und zwei sechs und zwei Jahre alten Töchtern im Eigenheim am Rande vom 661-Seelen-Ort Heersum im Neubaugebiet "In den Gänsenköpfen", das an das Gelände grenzt, das laut der "Rohstoffsicherungskarte des Landes Niedersachsen" ein großes Kiesvorkommen birgt. Dies will das Kieswerk Ilsede auf einer 25 Hektar großen Fläche, das sind mehr als 30 Fußballfelder, ausbeuten.
Diese Pläne verbinden sich für Menschen wie Klimmt mit einem "Horrorszenario". Darum haben sie sich zusammengeschlossen, mittlerweile sind es 115 Personen, die nur ein Ziel haben: "Wir müssen dieses Projekt verhindern." Von dem verspricht sich das Kieswerk, das bislang in der Nähe von Wartjenstedt Kies abgebaut hat und neue Vorkommen nutzen will, satte Gewinne.
Zumal die A 7 in einigen Jahren erweitert werden soll und weiterer Profit winkt. Kies würde dann wohl auch wieder massig gebraucht. Bis zu 30 Jahre lang könnten die Bagger bei Heersum dröhnen, für Klimmt und die anderen Heersumer wäre damit ihre Lebensqualität dahin. Daher sammeln sie jetzt Argumente, um auch in Zukunft "in Ruhe" in Heersum zu leben und nicht in einer "Mondlandschaft". Klimmt setzt vor allem auf Gesichtspunkte des Hochwasser- und des Naturschutzes, die ein Kiesabbaugebiet der vorgesehenen Größenordnung nicht zuließen.
Die Ausbeutung des Bodens könne unabsehbare Folgen für Heersum und umliegende Dörfer haben, weil der Schutz der Siedlungen vor neuen Überschwemmungen buchstäblich untergraben würde. Durch Abtragung des Oberbodens könne bei starken Regenfällen wie im Herbst 2007 Heersum in ungeahntem Ausmaß überschwemmt werden.
Überdies sieht Klimmt erhebliche Risiken für die Tierwelt. Nicht nur, dass die Landschaft "umgepflügt" werde, hinzu käme die Bedrohung für seltene Arten wie den Eisvogel, der Beobachtungen zufolge offenbar im Innerstetal lebt. Darüber hinaus will die Initiative mit Hilfe von Gutachtern prüfen, inwieweit andere Tierarten, die auf der roten Liste stehen, betroffen sein könnten.
Hier die Bedenken und Einwände der Initiative, dort das Kieswerk Ilsede, das bislang an seinen Plänen in Heersum festhält. Das Unternehmen muss im Zuge eines aufwendigen Verfahrens dem Landkreis Hildesheim als Genehmigungsbehörde des Projekts nachweisen, dass der Kiesabbau umweltverträglich ist. Zudem muss die Firma Auflagen des Hochwasserschutzes erfüllen und möglicherweise Dämme errichten und Stauflächen anlegen.
All das kostet viel Geld. "Mal sehen, ob sich das rechnet oder nicht", sagt Geschäftsführer Axel Schimmel, den leise Zweifel zu beschleichen scheinen. Dennoch hat das Unternehmen bereits Gespräche mit Heersumer Grundstückseigentümern geführt, deren Flächen für das Kieswerk infrage kommen. "Die meisten wollen verkaufen. Über den Preis haben wir allerdings noch nicht geredet."
Schimmel bereitet überdies der schwermetallhaltige Boden an der Innerste Sorgen, der bei der Errichtung eines Kieswerks ausgehoben werden muss. Doch wohin mit dem schadstoffhaltigen Aushub? "Ich kann den Boden nicht auf eine Sondermülldeponie fahren lassen." Dieser Aufwand wäre zu teuer. Schimmel will sich zudem nicht auf einen Kompromiss einlassen, nur eine relativ kleine Fläche auszubeuten. "Es sind bisher nur zehn Hektar."
Ob er die tatsächlich ausbaggern kann, steht laut Kreis noch lange nicht fest. Schimmel selbst rechnet damit, in frühestens anderthalb Jahren mit dem Abbau beginnen zu können. "Es ist noch gar nicht abzusehen, ob das Vorhaben überhaupt realisiert werden kann", sagt Hubert Bienias vom Umweltamt. Es gebe noch viele kritische Punkte. Zumal sich betroffene Gemeinden als "Träger öffentlicher Belange", wie etwa Holle, gegen das Projekt stemmen könnten.
"Wir wollen das nicht", stellt Holles Bürgermeister Klaus Huchthausen klar. Der fürchtet insbesondere um den Schutz Heersums vor verheerenden Überschwemmungen, die der Kiesabbau laut Untersuchungen auslösen könne. Nicht auszudenken, was geschehen könnte, wenn es wieder so regnen würde wie 2007. "Allein dieses Hochwasser haben wir noch dramatisch vor Augen."
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Bauen und Wohnen, Stadtentwicklung | Umwelt, Naturschutz, Klimaschutz
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