Brigitte Pothmer: Streiterin für soziale Gerechtigkeit

Ein Tag im Bundeswahlkampf - Der HUCKUP begleitet die Kandidatin

(Quelle: HUCKUP, 26.08.09) Brigitte Pothmer macht einen entspannten Eindruck. Gemeinsam mit den Bundestagskandidaten der anderen Parteien sitzt die Grünen-Politikerin auf dem Podium in der Aula des Hildesheimer Gymnasiums Josephinum. Bevor die Diskussion beginnt, gibt einer der drei Schülersprecher das Ergebnis einer Probeabstimmung bekannt: 21,2 Prozent der 132 Josephiner haben grün gewählt. "Zu recht, wie ich finde", sagt Pothmer schmunzelnd.

Schon seit 7 Uhr ist die 54-Jährige an diesem Tag auf den Beinen. Der Bundestagswahlkampf ist kräftezehrend. Als Spitzenkandidatin der niedersächsischen Grünen ist Pothmer viel im Land unterwegs. Seit ihrem Einzug in den Deutschen Bundestag im September des Jahres 2005 betreut die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen insgesamt neun Wahlkreise, von Harburg-Land bis Lüchow-Dannenberg. Die Strapazen sind ihr aber in keinster Weise anzusehen. Politik scheint ihr Spaß zu machen. Mit  Leidenschaft streitet sie bei ihren Auftritten für einen ökologischen Umbau und für soziale Gerechtigkeit.

Bevor sich Pothmer an diesem Tag auf den Weg zur Podiumsdiskussion macht, muss sie  noch viel erledigen. Sie führt unzählige Telefonate mit  Parteifreunden und spricht Termine ab. Dann macht sie sich auf den Weg zum Wahlkreisbüro ihrer Partei an der Hildesheimer Jakobistraße. Dort warten schon ihre Mitarbeiterin Heidi Linder und Wahlkampfhelferin Sarah Sommer. Nach einer kurzen Besprechung fahren Pothmer und Sommer ins Josephinum.

Die Diskussion beginnt mit einer außenpolitischen Frage. "Wie sollte man mit dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad umgehen?" will einer der  Schülersprecher wissen. "Wir müssen weiter über das Atomprogramm verhandeln, sollten aber auch klarmachen, dass politische Gefangene freigelassen werden müssen", betont Pothmer.

Ob Deutschland denn gänzlich auf Atomenergie verzichten könne, will eine Schülerin wissen und Pothmer meint dazu: "Die Entwicklung im Bereich  erneuerbarer Energien schreitet sehr viel schneller voran, als viele vorher geglaubt haben." Eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken halte sie deshalb für überflüssig. Um in Deutschland aber gänzlich auf Atomkraft verzichten zu können, sei natürlich auch eine Energieeinsparung erforderlich.

"Warum sollten wir denn gerade Sie wählen?" fragt eine andere Schülerin. "Weil die Grünen die Probleme nicht der nächsten Generation zuschustern", antwortet die Bundestagsabgeordnete. So werde die Klimakrise nicht warten, bis die Wirtschaftskrise gelöst ist.

Nach der Podiumsdiskussion wechselt Pothmer noch ein paar Worte mit einem der Lehrer. Dann verlässt sie schnellen Schrittes das Gymnasium. Der nächste Termin wartet auf sie. Zusammen mit Sarah Sommer will sie zum Atomkraftwerk Grohnde fahren. Dort will CDUMinisterpräsident Christian Wulff den Kraftwerksbetreibern zum 25. Geburtstag der Anlage gratulieren. "Für uns gibt es keinen Grund zu feiern, zumal es für den Atommüll noch immer keine  Lösung ist", sagt Pothmer. Zusammen mit Parteifreunden wolle sie deshalb vor dem Atomkraftwerk demonstrieren und dem Ministerpräsidenten einen offenen Protestbrief überreichen.

Schnell fährt Pothmer noch am Wahlkreisbüro vorbei, um eine Fahne der Grünen abzuholen. Dann geht's weiter in Richtung Weserbergland. Auf der Fahrt dorthin erklärt sie, wie sie überhaupt zur Politik gekommen ist. Wie für viele Grüne sei auch für sie Gorleben der ausschlaggebende Grund gewesen. Dort  habe sie, nicht weit vom elterlichen Hof in Prisser, gegen das geplante Atomendlager demonstriert. "Ich wollte verhindern, dass das Wendland zum Atomklo wird", sagt sie. Den Grünen beigetreten sei sie allerdings erst 1992. Vorher habe sie zu den Gründerinnen der Freien Frauenliste in Hildesheim gehört.

1994 bis 2003 war Pothmer Mitglied des Niedersächsischen Landtags, zuletzt als stellvertretende Fraktionsvorsitzende und sozialpolitische Sprecherin.  Bevor sie im Mai 2005 in den Bundestag einzog, war sie zwei Jahre lang Landesvorsitzende ihrer Partei. Nach ihren Hobbys gefragt, sagt Pothmer: "Ich koche sehr gerne, lese viel und bin begeisterte Bergwanderin."

Der Bundestagswahl im September blickt Pothmer optimistisch entgegen. "Erstmals ist für uns ein zweistelliges Ergebnis realistisch", sagt sie. Dies habe nicht nur die Europawahl, sondern auch die Kommunalwahl in Baden-Württemberg gezeigt, bei der die Grünen in Stuttgart sogar stärkste Kraft geworden sind.

Verhindern will Pothmer auf jeden Fall ein schwarz-gelbes Bündnis. "Ein neoliberales Konzept führt zu einer Spaltung unserer Gesellschaft", sagt die Sozialpsychologin. Mit Spaltung meine sie vor allem eine kulturelle Spaltung. "Es darf nicht sein, dass Kinder, die arme Eltern haben, selbst auch arme Eltern werden", betont Pothmer. So betrachte sie es mit Sorge, dass derzeit die Privatschulen wie Pilze aus dem Boden schießen. "Die Bildungsfrage ist  die soziale Frage des 21. Jahrhunderts schlechthin", so die Grünen-Politikerin. Deshalb plädiere sie dafür, den "Soli" in einen "Bildungssoli" umzuwandeln.

In Grohnde angekommen, begrüßt Pothmer Parteifreund Stefan Wenzel, den Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Landtag. Auch Landesvorsitzende Dorothea Steiner ist hier, um bei der Übergabe des Briefs an den Ministerpräsidenten dabei zu sein. In dem Schriftstück beklagen die Grünen unter anderem, dass das Atomkraftwerk in Grohnde nicht vor Terroranschlägen geschützt ist. Während Wenzel den Fernsehleuten Rede und Antwort steht, gibt Pothmer ein Radiointerview.

Dann kommt der Ministerpräsident. Er hält an und spricht kurz mit seinen politischen Gegnern. Recht gelassen nimmt er den Brief entgegen. Dann  marschiert er weiter - zur Geburtstagsfeier auf dem Kraftwerksgelände. Doch Pothmer ist zufrieden. "Immerhin hat er uns angehört", sagt sie. Dann geht sie rasch wieder zu ihrem Auto. Der nächste Termin wartet.

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