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Derzeit acht Prozent der Anbaufläche belegt / Rühmkorf hält deutlich mehr für verträglich / "Sandstürme gibt es hier nicht"
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 06.08.11) Kreis Hildesheim. Ludwig Kracke schaut zufrieden über seine Felder. Der Landwirt aus Eddinghausen hat 28 Hektar Mais angepflanzt – und er erwartet einen überdurchschnittlichen Ertrag. "Zurzeit steht der Mais in der Blüte, in zehn Wochen kann ich drei bis fünf Kolben je Stange ernten."
An der Landstraße von Betheln nach Heyersum stehen auf beiden Seiten der Landstraße fast 200 Hektar Mais. Was angesichts desOsterholzes im Westen und des Hildesheimer Waldes im Osten die Jäger besorgt. Kreisjägermeister Dr. Joachim Algermissen fürchtet, dass mehr Wildschweine und Rehe in diesem Gebiet über die Straße wechseln – und womöglich zu spät bemerkt werden, weil sie plötzlich aus dem hohen Mais hervorbrechen. Schließlich lieben diese Tiere Maisfelder als Versteck und als perfektes kaltes Büfett, sie haben sich in der Region nach Angaben der Jägerschaft deutlich vermehrt. Im Vorjahr waren zwischen Betheln und Heyersum 13 Wildschweine nach Unfällen verendet. Algermissen fordert allerdings nicht weniger Anbau, sondern mehr Vorsicht am Steuer.
Die Straße im Westkreis ist nur ein Beispiel für eine Situation, die im Landkreis immer häufiger wird. Der Maisanbau gewinnt durch den Biogas- und Biosprit- Boom an Bedeutung. Pflanzten die hiesigen Landwirte noch im Jahr 2003 auf gerade einmal 0,4 Prozent der Anbaufläche Mais – seinerzeit diente er vor allem als Futtermittel für Rinder – waren es im vergangenen Jahr bereits sieben Prozent, und im laufenden Jahr sind noch einige Hektar hinzugekommen.
Eine Entwicklung, die nicht nur Jäger besorgt. Kritiker sprechen gern von der "Vermaisung" der Landschaft. Was Kreislandwirt Wolfgang Rühmkorf aus Hotteln allerdings für reichlich übertrieben hält. "Als auf 30 Prozent der Ackerflächen Zuckerrüben wuchsen, hat man das als Rübensteppe bezeichnet. Heute hat die Rübe immer noch 20 Prozent der Fläche. Und Weizen sogar rund 50 Prozent. Was macht da ein Maisanteil von acht Prozent?"
Der Hottelner vermutet, dass vor allem die Höhe der Pflanzen den Eindruck befeuert, der Landkreis sei quasi mit Mais zugepflastert – während man über ein Weizenfeld jederzeit hinwegschauen kann. "Eine gesunde Fruchtfolge sollte zu einem Drittel Mais enthalten, aber auch bis zu 50 Prozent sind unkritisch." In Niedersachsen insgesamt sind derzeit rund 20 Prozent der Ackerfläche mit Mais bestellt. Vor allem im Emsland, wo neben Biogas-Betreibern auch Rinder-Halter die Frucht brauchen.
Kritiker des wachsenden Maisanbaus warnen zudem, die Pflanze lauge den Boden aus, die Felder lägen nach der Ernte vergleichsweise lange brach – bei Sturm könnte dadurch viel Sand und Staub durch die Gegend gewirbelt werden. Befeuert werden diese Sorgen durch Aussagen von Bodenkundlern in Medienberichten zu der Massenkarambolage auf einer Autobahn bei Rostock am 8. April dieses Jahres mit acht Toten und 44 Verletzten. Damals hatte ein Staubsturm den Autofahrern die Sicht genommen und den Verkehr lahmgelegt, Experten führten das auf die Folgen des Maisanbaus in der Region zurück.
Für Rühmkorf kein Szenario, das sich in dieser Region wiederholen könnte: "Hier gibt es keinen Sand!", sagt er mit Blick auf den hochwertigen Bördeboden. Im Übrigen säten die hiesigen Landwirte nach der Maisernte (in der Regel Mitte September bis Ende November) umgehend Winterweizen ein. "Von Auslaugung des Bodens kann also keine Rede sein", betont der Kreislandwirt.
Unklar ist, ob der Maisanbau weiter zunimmt. Das Landvolk rechnet in Sachen Biogasanlagen mit einer gewissen Sättigung und weniger neuen Anlagen. Andererseits entsteht bei Mehrum demnächst die bislang größte Anlage der Region. Sie soll aber zumindest teilweise mit Zuckerrüben betrieben werden.
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