Aufräumen nach der Neonazi-Demo

Nach dem Demonstrations-Wochenende läuft dessen Aufarbeitung an. So soll die Verwaltung nach dem Willen der SPD-Fraktion künftig Neonazi-Aufmärsche mit allen rechtlichen Mitteln verhindern. Außerdem: Am Sonnabend hatten nach der Rechten-Demo etwa 20 Neonazis in Laatzen eine S-Bahn mit 15 Gegendemonstranten überfallen.

Verwaltung mit Schmähung beschmiert / SPD will Ende der rechten Aufmärsche / Überfall auf Bahn

(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 08.06.10) Hildesheim. Nach dem Demonstrations-Wochenende läuft dessen Aufarbeitung an. So soll die Verwaltung nach dem Willen der SPD-Fraktion künftig Neonazi-Aufmärsche mit allen rechtlichen Mitteln verhindern. "Wir müssen vorbereitet sein", sagte Fraktionschef Dr. Hartmut Häger dieser Zeitung.

Die SPD hat für die Ratssitzung am Montag eine Aktuelle Stunde beantragt, in der es um "Konsequenzen" der Kundgebung gehen soll. Häger dürfte die Debatte für Kritik an Oberbürgermeister Kurt Machens und der Verwaltung nutzen. "Sie haben ihren Entscheidungsspielraum nicht sinnvoll genutzt."

So stelle sich die Frage, ob der Aufmarsch wirklich hätte genehmigt werden müssen und wie dessen Route durch die Nordstadt zustande gekommen sei. Dem Grundrecht der Rechtsextremisten auf Versammlungsfreiheit habe mit dem Grundrecht der Ladenbetreiber entlang der Demo-Route auf wirtschaftliche Betätigung kollidiert. Auch das Bewegungsrecht der Kunden und anderer Menschen sei eingeschränkt worden. "Meinungsfreiheit muss sein – aber bitte nicht so, dass andere zu Schaden kommen", erklärte Häger. So hätte für die Neonazis ein fester Ort gereicht, um sich zu treffen: "Musste es ein Demonstrationszug sein?"

Zudem vermisst der SPD-Chef beim OB das Verständnis für jene Bürger, die den dritten Neonazi-Aufmarsch binnen kurzer Zeit nicht einfach hinnehmen, sondern sich ihm entgegensetzen wollten. Machens habe vor allem bei seinem Konflikt mit der Grünen-Bundestagsabgeordneten Brigitte Pothmer danebengelegen. "Da hat er in Art, Weise und im Ton überzogen." Der OB hatte die Politikerin wegen ihrer Kritik an der Demo-Genehmigung scharf attackiert und sie ermahnt, gerade sie als Verfassunsgorgan müsse auf dem Boden der Verfassung stehen. "Man muss schon gucken, wie man mit Leuten umgeht, die sich gewaltfrei im zivilen Ungehorsam üben, um damit ein Signal zu setzen", findet der SPD-Chef.

Am Kurs des Rathauses gegenüber den Neonazis störten sich auch Unbekannte, die den Verwaltungs-Trakt in der Jakobistraße mit dem Spruch "Stadtverwaltung = Nazifreunde" beschmierten. Das Rathaus erstattete Anzeige wegen Sachbeschädigung und Beleidigung, gestern Nachmittag rückten Handwerker an, um den schwarzen Schriftzug zu beseitigen. "Das ist ein Unding, ein Akt der Maßlosigkeit", ärgerte sich die stellvertretende Rathaus-Sprecherin Marion Dobias.

Wie gestern bekannt wurde, hatten am Sonnabend nach der Rechten-Demo etwa 20 Neonazis in Laatzen eine S-Bahn mit 15 Gegendemonstranten überfallen. Die Täter warfen direkt nach dem Öffnen der Türen mehrere Bierflaschen in den Zug und versuchten ihn mit Holzlatten in den Händen zu stürmen. Mitglieder der Bundespolizei, die auch in der S-Bahn saßen, schlugen sie mit Pfefferspray in die Flucht, die Beamten ermitteln wegen Landfriedensbruch. Die Täter machten sich mit vier Autos, die am Laatzener Bahnhof geparkt waren, aus dem Staub. "Wir kennen die Kennzeichen der Wagen", berichtete Pressesprecher Ralf Göttner von der Bundespolizeidirektion Hannover gestern. Nach seiner Einschätzung waren die Angreifer offensichtlich von rund 20 anderen Neonazis, die in Hildesheim ebenfalls in die S-Bahn gestiegen waren, unterwegs über die Anwesenheit der Gegendemonstranten informiert worden.

Ansonsten halten sich zumindest die strafrechtlichen Folgen des Wochenendes in Grenzen: Nach Angaben der Staatsanwaltschaft laufen zwar 36 Ermittlungsverfahren, darunter wegen Verstößen gegen das Versammlungs- und das Waffengesetz sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. "Aber es ist nichts dabei, was die Bedeutung einer Haftsache hätte", erklärte Pressesprecher Oberstaatsanwalt Bernd Seemann. Wie sich die Vorwürfe auf das rechte und das linke Lager verteilen, sagte Seemann nicht. Das Thema "Blockade", das im Vorfeld eine große Rolle spielte, beschäftigt die Ermittler indes nicht: Es gebe kein Verfahren wegen einer Nötigung, verkündete der Sprecher. Zwar hätten sich einige Demonstranten den Neonazis in den Weg gesetzt. Aber die Polizei habe die Protestierer entfernt, bevor die Kundgebung sie erreichte. "Damit ist keine Nötigung eingetreten."

Kategorie

Rechtsextremismus

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