Anti-Atomkraft-Demo hoch zu Ross

Rund 30 Reiter und Radler durchqueren jetzt in einem bunten Protestzug den Südkreis, wetterfest und kämpferisch.

Rund 30 Reiter und Radler durchqueren jetzt in einem bunten Protestzug den Südkreis / Wetterfest und kämpferisch

(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 04.08.10) Kreis Hildesheim. Mancher Schaulustige staunt dieser Tage am Wegesrand: Solch einen bunten Protestzug haben viele noch nie gesehen. 21 Reiter und 14 Radler durchqueren den Landkreis – um gegen Atomkraft zu demonstrieren.

Hufgetrappel und Gewieher im beschaulichen Wrisbergholzen. Die Reiter schwenken Transparente mit Aufschriften wie "Atomausstieg jetzt – ehe es zu spät ist". Im Schlepptau folgen die Radler, die zusammen mit den anderen Demonstranten gut 180 Kilometer zurücklegen, etwa 25 Kilometer sind es täglich. Eine Etappe des "Friedensritts 2010", ein Protestzug, der auf die Friedensbewegung in den 80er Jahren zurückgeht, endet gestern Abend in Wrisbergholzen. Auch die 41-jährige Schulamith Weil ist hoch zu Roß durchs Dorf Richtung Alte Ziegelei unterwegs. Es hat ein bisschen geregnet, doch das tut der Stimmung keinen Abbruch. "Schreiben Sie aber nicht nur, was das für eine bunte Demo ist. Sondern darüber, worum es uns wirklich geht", sagt die Frau aus Lüchow-Dannenberg den Reportern, die auf sie warten. "In einem Umkreis von 50 Kilometern rund um Atomkraftwerken ist die Rate an Leukämie erkrankter Kinder deutlich höher, als anderswo", meint die 41-Jährige. "Doch ob dies auf die Schadstoffe aus den Kraftwerken zurückzuführen ist, kann man bislang nicht beweisen." Auch wenn der letzte Beleg noch nicht vorliegt, das fällt für die passionierte Reiterin und zugleich leidenschaftlichen Atomkraftgegnerin nicht allzu sehr ins Gewicht. Die Demo muss für sie einfach sein. Denn hinzu kämen, die unberechenbaren Risiken, die von Kernreaktoren ausgingen. "Zudem ist das Problem der Endlagerung des Atommülls überhaupt nicht gelöst", wettert auch Rudi Weil, der Friedensritte durch Niedersachsen seit Jahrzehnten organisiert. Dass der Abfall im Schacht Konrad landet, ist für ihn ein absolutes Unding – mit unabsehbaren Folgen.

Um darauf aufmerksam zu machen, haben sie sich am vergangenen Sonnabend auf die Pferderücken und in den Fahrradsattel geschwungen. Von Hameln geht’s über das Kraftwerk Grohnde durch die Region Hildesheim bis zum Schacht Konrad und nach Braunschweig, um dort ebenfalls zu demonstrieren. Immer nach dem Motto: "Atomkraftwerke sind nicht ganz dicht." Die Reiter und Radler haben Flugblätter voll mit derlei Slogans und ihren Forderungen im Gepäck, die sie an die Menschen verteilen, die sie unterwegs treffen. "Wir stoßen dabei durchaus auf Interesse", wirbt Tierärztin Ute Radermacher für die Sache der Atomkraftgegner. Die Veterinärin aus dem Raum Gummersbach in Nordrhein-Westfalen reitet seit 1988 immer wieder durch Norddeutschland, um zu demonstrieren. Dass sie dazu auch noch Tiermedizinerin ist, passt ihren Mitstreitern gut in den Kram. Denn Radermacher kann auch die Pferde im Auge behalten. "Sie sind im guten Zustand", befindet die Fachfrau mit Blick auf die kräftigen Ponys, auf denen die Reiter im gemächlichen Tempo durch die Region traben.

Doch am Dienstag ist erstmal Rast im Schatten der Ziegelei in Wrisbergholzen angesagt, wo Thomas Räbiger wohnt. Der Bioladen-Mann aus Hildesheim ist schon ein Veteran in den Reihen der Menschen, die sich einst die gelben "Atomkraft nein danke"-Sticker ans Revers hefteten. "Einer der ersten Stunde", sagt der 52-Jährige. Bei ihm können die Pferde weiden und sich mit Futter stärken.

Und die Reiter und Radler machen auch Rast: bei belegten Broten und Tee. Am späten Abend kriechen sie in die Zelte, um in Wrisbergholzen zu übernachten – egal wie nasskalt es ist. "Zur Not geht man in ein anderes Zelt, das dichter ist", sagt Ute Radermacher, die nach so viel Demo-Routine ziemlich wetterfest ist.

Kategorie

Umwelt, Naturschutz, Klimaschutz

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