50 Demonstranten fordern Boykott rechter Zeitschrift

Rund 50 Demonstranten vor allem aus dem linken Spektrum haben am Sonnabend dagegen protestiert, dass die Bahnhofsbuchhandlung das rechte Magazin "Zuerst!" verkauft. Man dürfe es nicht hinnehmen, dass der Laden "mit rechten Hassblättern" seinen Gewinn steigere, forderte Rene Grebenstein von der Jugendgruppe "Projekt Farbenfroh".

(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 17.01.11) Hildesheim. Rund 50 Demonstranten vor allem aus dem linken Spektrum haben am Sonnabend dagegen protestiert, dass die Bahnhofsbuchhandlung das rechte Magazin "Zuerst!" verkauft. Man dürfe es nicht hinnehmen, dass der Laden "mit rechten Hassblättern" seinen Gewinn steigere, forderte Rene Grebenstein von der Jugendgruppe "Projekt Farbenfroh". Er forderte die Passanten auf, beim Anblick rechter Blätter die Verkäufer anzusprechen: "Zeigt, dass auch ihr rechten, auf Papier gedruckten Gedankenmüll nicht akzeptiert."

Unmittelbar vor der Kundgebung hatte die Polizei sechs offenbar rechtsgerichteten Jugendlichen einen Platzverweis erteilt. Einer von ihnen hatte vor dem Bahnhof einen Aufkleber des Rechtsextremisten Dieter Riefling auf einen Laternenmast geklebt. "Wir wollten uns gern anhören, was die Demonstranten dem Laden vorwerfen", sagte er nach der Überprüfung der Personalausweise. Die Polizei vermutete andere Absichten. "Das ist offenbar rechtsgerichtete Klientel, die versucht, die Demo zu provozieren", sagte ein Beamter, "deshalb haben wir vorsorglich einen Platzverweis bis 14.30 Uhr erteilt." Weitere Zwischenfälle gab es nicht.

Die Zeitschrift, gegen die sich der Protest richtete, war unterdessen im "k presse und buch"-Laden gar nicht zu haben. "Seit einer Woche ausverkauft", sagte ein Verkäufer. Grundsätzlich werde das Magazin aber verkauft. Auf dem Titel präsentiert die aktuelle Ausgabe eine Geschichte über "Ankaras Angriff" auf Europa und den Orient, illustriert durch ein türkisches Fahnenmeer vor dem Brandenburger Tor. Die Deutschland-Zentrale der Schweizer Kette "Valora Retail", zu der die Hildesheimer Bahnhofsbuchhandlung gehört, sieht den Vertrieb des Heftes als "Akt der Toleranz". Eine nicht verbotene Zeitschrift zu verkaufen gehöre zur Pressefreiheit.

Die Demonstranten auf dem Bahnhofsplatz sahen das anders. "Meinungs- und Pressefreiheit hört da auf, wo andere diskriminiert, beleidigt oder bloßgestellt werden", sagte Rene Grebenstein, der an der Robert-Bosch-Gesamtschule (RBG) lernt. Er klagte, die Verkäufer hätten ihn in der vergangenen Woche aus dem Laden geworfen, als er sich nach der Zeitschrift erkundigte. "Es gibt die Pressefreiheit, aber gegen diese Inhalte muss man Stellung beziehen", befand RBGLehrer Volker Reichardt, "der Betreiber des Ladens muss überlegen, welches Publikum er haben will."

Der Veranstalter der Kundgebung, der aus Angst vor persönlichen Attacken anonym bleiben wollte, verwies in seiner Ansprache auf die Bahnhofsbuchhandlung in Oldenburg, die das umstrittene Magazin aus dem Sortiment genommen habe. Auch die übrigen Kioske in Hildesheim hätten das Heft nach Gesprächen mit dem Arbeitskreis Antifaschismus verschwinden lassen. Eine 16-Jährige hielt ein Transparent mit der Aufschrift "Stoppt Nazipresse und Rechtspopulismus". Sie sieht jede Verkaufsstelle, die sich von dem Heft abwendet, als einen weiteren Schritt, um den Verlag wirtschaftlich in die Knie zu zwingen. "Wenn das Heft nirgends mehr verkauft wird, kann auch die Produktion eingestellt werden", sagte sie.

Ralf Jürgens vom Kreisvorstand der Linkspartei steckte in seiner Megafon- Ansprache auch lokale Ziele ab und forderte die Umbenennung der Agnes-Miegel- Straße sowie des Hindenburgplatzes. "Außerdem sollte die Stadtverwaltung nach dem Kauf der Mackensen-Kaserne nicht länger den Namen dieses protofaschistischen Politikers verwenden."

Kategorie

Rechtsextremismus

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