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06.02.12 –
Flüchtlingsrat hofft auf Unterstützung durch UN-Behörde / Anuar und sein Vater Badir Naso sitzen weiter in Sofia fest
(Hildesheimer Allg. Zeitung, 06.02.12) Giesen. Im Fall der aus Giesen abgeschobenen Familie Naso soll nun das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) eingreifen. Kai Weber vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat hat sich an die UN-Organisation gewandt und um Unterstützung gebeten. Der 63-jährige Badir und sein Sohn Anuar waren vor einem Jahr aus Giesen nach Syrien abgeschoben worden.
Eigentlich sollte damals auch Ehefrau und Mutter Bashe nach Syrien geflogen werden. Sie erlitt aber am Frankfurter Flughafen einen Schwächeanfall und wurde zurück nach Giesen gebracht. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg entschied nun im Dezember, dass die Frau in Deutschland bleiben darf. Ihr drohe bei einer Abschiebung "beachtliche Gefahr der unmenschlichen Behandlung beziehungsweise Folter", hieß es in dem Bescheid der Nürnberger Behörde.
Die Abschiebung hatte vor einem Jahr für heftige Proteste gesorgt. Die Kritik entzündete sich zumeinen daran, dass erneut – wie im Fall Gazale Salame – eine Familie auseinandergerissen wurde. Der Flüchtlingsrat und der Anwalt der Familie wandten seinerzeit aber auch ein, dass der schulpflichtige Anuar nicht hätte abgeschoben werden dürfen.
Vater und Sohn halten sich nach Erkenntnissen des Flüchtlingsrats inzwischen in Bulgarien auf. Dorthin sollen sie bei der erstbesten sich bietenden Gelegenheit geflohen sein, weil sie von Vertretern syrischer Behörden geschlagen und drangsaliert wurden. Vater Bedir sitzt nun nach Angaben von Kai Weber im Zentralgefängnis der bulgarischen Hauptstadt Sofia.
Er hatte mehrfach versucht, die bulgarische Grenze Richtung Griechenland zu übertreten. "Nach Griechenland wollten die beiden fliehen, weil sie nach mehreren vergeblichen Versuchen keine Chance sahen, auf direktem Weg nach Deutschland zu fliehen", erklärt Weber in seinem Schreiben an das UNHCR. Sohn Anuar ist auf freiem Fuß, weil er von den bulgarischen Behörden als minderjährig eingestuft wird. Er lebt nach Angaben seiner Schwester Shahnas, die in Giesen bleiben durfte, in einem Flüchtlingswohnheim in Sofia.
"Wir bitten UNHCR, sich für eine Freilassung von Bedir Naso sowie für eine Überstellung von Vater und Sohn Naso nach Deutschland einzusetzen", appelliert der Flüchtlingsrat in dem Schreiben, das unter anderem an die Leiterin der UNHCR-Außenstelle in Nürnberg ging.
Ob der Bescheid des ebenfalls in Nürnberg ansässigen Bundesamtes nun zu einer Rückkehr von Vater und Sohn nach Giesen führen kann, ist noch völlig offen. Kreissprecher Hans-Albert Lönneker zitiert die einschlägige Passage aus dem Aufenthaltsgesetz. Demnach kann in Fällen dieser Art eine Aufenthaltserlaubnis für minderjährige Kinder und Ehegatten "nur aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland" erteilt werden.
Der Verwaltungssprecher zeigt auch einen Weg auf, wie eine Rückkehr der Nasos nach Giesen in die Wege geleitet werden könnte: "Ob diese Voraussetzungen vorliegen, wäre in einem Visumverfahren zu klären, wozu dann erst einmal die deutsche Auslandvertretung, bei der der Visumantrag gestellt ist, berufen ist."
In einem solchen Verfahrenwürdewohl auch das genaue Alter von Anuar Naso eine wichtige Rolle spielen. Er wurde laut Flüchtlingsrat in Deutschland als Minderjähriger geführt, wurde jedoch mit einem Passersatzpapier abgeschoben, das ihn als Volljährigen auswies. Die Familie will nun nachweisen, dass Anuar minderjährig ist. Dazu hat seine Mutter bei einem Notar eine eidesstattliche Versicherung abgegeben.
Shahnas und Bashe Naso bangen unterdessen weiter um die Rückkehr ihrer Angehörigen. "Früher hatten wir wenigstens Kontakt zu meinem Vater", sagt Shanas. Seit dieser in Sofia im Gefängnis sitzt, ist nur noch telefonischer Kontakt zu Anuar möglich. Die Lage ihres Bruders beschreibt Shahnas mit wenigen verbitterten Worten: "Er ist ganz allein in einem Asylheim in Bulgarien. Wie soll es ihm schon gehen?"
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