BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kreisverband Hildesheim

"Die Oberschule hat viele Macken"

KEHRWIEDER-Redakteur Lothar Veit traf sich mit Grünen-Fraktionschef Holger Schröter-Mallohn (56), der als Lehrer in Sarstedt arbeitet – bis vor den Ferien in der Schiller-Realschule, künftig in der neuen Oberschule, die von den Grünen als Etikettenschwindel bezeichnet wird.

Interview mit dem GRÜNEN-Fraktionschef im Kreistag Holger Schröter-Mallohn
(Quelle: KEHRWIEDER am Sonntag, .11) Landkreis. Am 11. September ist Kommunalwahl. Die Bürger haben es in der Hand, wie sich künftig die Orts-, Gemeinde- und Stadträte sowie der Kreistag zusammensetzen. Vorab spricht der KEHRWIEDER mit Vertretern aller politischen Gruppierungen, die für den Kreistag antreten. KEHRWIEDER-Redakteur Lothar Veit traf sich mit Grünen-Fraktionschef Holger Schröter-Mallohn (56), der als Lehrer in Sarstedt arbeitet – bis vor den Ferien in der Schiller-Realschule, künftig in der neuen Oberschule, die von den Grünen als Etikettenschwindel bezeichnet wird.

KEHRWIEDER: Dank der Debatte um den Ausstieg aus der Atomenergie haben die Grünen zeitweise in den Umfragen enorme Werte erreicht. Werden auch die Hildesheimer Grünen bei der Kommunalwahl davon profitieren?

Holger Schröter-Mallohn:
Es wird uns sicherlich nicht schaden. So, wie es sich entwickelt, werden wir sowohl in den Kreistag als auch in die Gemeinde- und die Stadtparlamente stärker als bisher einziehen. Unser Ziel ist generell eine Verdoppelung der Mandate. Im Kreistag wären das dann künftig acht. Wir können aber nicht einfach die Bundes- und Landeswerte auf die Kommunalwahl herunterbrechen.

Im Moment sinken die Umfragewerte schon wieder, weil das Thema Atomausstieg abgearbeitet ist. Für welches große Projekt stehen die Grünen nach dem Ausstieg?


Ich wäre vorsichtig damit, ob das abgearbeitet ist. Richtig ist, dass wir gemeinsam den Ausstieg beschlossen haben. Die Bundesregierung musste hier eine Kehrtwende machen. Aber die Umsetzung steht auf jeden Fall noch auf der Tagesordnung. Von daher halte ich es für absolut notwendig, dass wir in den Parlamenten, wo auch immer, dafür Sorge tragen, dass diese Umsetzung praktiziert wird. Unser Slogan heißt ja: "Wir machen das klar."

In Hildesheim halten sich die Demonstrationen gegen Atomenergie sehr hartnäckig. Sind das alles Grünen- Wähler?


Ein großer Teil wird Grünen-Wähler sein. Aber es gehen auch einige dorthin, die nicht zur grünen Klientel gehören. Da sind auch viele junge Menschen dabei, die davon überzeugt sind, dass ein noch schnellerer Ausstieg ermöglicht werden sollte. Ich bin allerdings aufgrund unserer langen Erfahrung mit Atomkraftbefürwortern schon froh darüber, dass wir jetzt einen breiten gesellschaftlichen Konsens haben.

Ist das der Unterschied zwischen Demonstranten, die alles fordern können, und den Grünen, die in der Realpolitik angekommen sind?


Das mag eine Rolle spielen. Wir fragen uns, was ist mit dem derzeitigen Kräfteverhältnis möglich? Trotz aller Schwierigkeiten ist das ein Schritt nach vorn gewesen. Wenn wir jetzt gesagt hätten, wir wollen statt 2022 schon 2017 aussteigen, wäre das einer breiten Öffentlichkeit nicht vermittelbar gewesen.

In der Schulpolitik des Landkreises sind zuletzt wichtige Weichen gestellt worden, zum Teil mit mühsam errungenen Kompromissen...


...das kann man wohl sagen.

Sind Sie mit dem Ist-Zustand zufrieden oder würden Sie versuchen, weitere Gesamtschulen einzurichten, wenn Sie eine entsprechende Mehrheit hätten?


Eindeutig das Letztere. Wir sind immer noch der Meinung, dass Gesamtschulen die bessere Möglichkeit bieten, Schüler zu fördern und ihnen den bestmöglichen Abschluss zu ermöglichen. Auch die Oberschule hat so viele Macken, dass dort nicht die optimale Förderung von Schülern erreicht werden kann. Was die Landesregierung erreichen wollte – einen Schulfrieden –, hat sie nicht erreicht. Die Oppositionsparteien im Landtag, aber vor allem auch die Lehrer- und Elternverbände haben ganz deutlich gesagt, dass sie die Oberschule in dieser Form nicht akzeptieren.

Die Kreisverwaltung hat mit umfangreichem Zahlenmaterial dargelegt, welche Auswirkungen neue Schulen auf bestehende Standorte hätten. Sollte man nicht erst einmal für ein paar Jahre Ruhe einkehren lassen?


Ruhe an sich ist ja kein Wert. Wir müssen immer noch erkennen, dass ein großer Teil von Eltern wünscht, dass ihre Kinder Gesamtschulen besuchen. Auch jetzt ist es so, dass viele von ihnen abgelehnt werden und als Zweitwahl die Oberschulen genommen werden. So lange wir diese Diskrepanz haben, stellt sich für uns die Frage, ob wir weitere Gesamtschulen errichten.

Es bleibt also alles beim alten: CDU und FDP verkaufen die Oberschule als Erfolgsmodell und SPD und Grüne sagen, es ist eine Mogelpackung.


Ich denke, das ist auch richtig so. Die Oberschule selbst hat in der inhaltlichen Ausrichtung keine wesentlichen Vorteile für Schüler gebracht. Es war eine Verhinderungsstrategie, um die Gesamtschule aus der Diskussion zu werfen und durch den Begriff Oberschule zu ersetzen. Das ist aber nicht gelungen.

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